Die Einfahrphase – 12 Testbecken mit unterschiedlichem Setup

  • Hallo zusammen,


    ich bin neulich auf ein Experiment gestoßen, das Ryan Batcheller von BRS (großer amerikanischer Händler für Meerwasseraquaristik) 2022 über mehrere Monate durchgeführt hat.
    Unter Zuhilfenahme von Aquabiomics Analysen wurden 12 Becken mit identischer Größe und Beleuchtung jeweils anders gestartet und dann geschaut, wie sich die Becken in Hinsicht der Stabilität und Entwicklung unerwünschter Organismen entwickeln.
    Ich habe lange überlegt, ob ich das überhaupt posten soll, aus verschiedenen Gründen, aber insgesamt finde ich das Experiment doch recht interessant und jeder kann sich daraus ableiten, was er oder sie möchte!


    Das Experiment wurde in zwei Phasen eingeteilt.


    Phase 1:
    Woche 1 - 4: Kein Licht
    Woche 5 - 10: Mäßige Beleuchtung, die für LPS-Korallen geeignet ist
    Woche 11 - 15: Hochleistungsbeleuchtung, geeignet für SPS-Korallen


    Phase 2: Es wird eine Mixtur aus unterschiedlichen nicht erwünschten Organismen hinzugefügt: Cyanobakterien, Goldalgen, Grünalgen, Kieselalgen und Dinoflagellaten. Nun wird beobachtet, wie welches Becken auf diese Zugabe reagiert.


    Während des Experiments wurden immer wieder für jedes Becken Aquabiomics Analysen gemacht zu zwei Kriterien:


    Artenvielfalt: Hier wird die Anzahl unterschiedlicher Arten von Organismen bestimmt im Vergleich zu etablierten gesunden Becken.
    Gleichgewicht: Aquabiomics hat in etablierten und gesunden Becken 5 Mikrobenfamilien identifiziert, die in einer bestimmten Verteilung typischerweise vorliegen. Sie bestehen aus


    Vibreonaceae
    Kommen in den meisten etablierten Riffaquarien vor, aber selten in neuen Becken. Sie ernähren sich von dem Schleim auf der Haut von Fischen und Korallen sowie von verwesenden wirbellosen Tieren. In Aquarien mit hoher Biolast dominieren sie, sind aber fast nicht vorhanden, bevor Fische und Korallen hinzugefügt werden.
    Rhodobacteraceae
    Dies sind die Mikroben, die den Biofilm bilden, der die Steine und andere Oberflächen in den Becken bedeckt. Natürlich kommen sie in nährstoffreicheren Lagunen vor, im Gegensatz zu nährstoffärmeren Offshore-Riffen, weshalb sie wahrscheinlich die Bedingungen in unseren Becken bevorzugen, die den nährstoffreichen Lagunen eher ähneln.
    Plagibactraceae
    Dies ist die Familie, die den offenen Ozean dominiert und in nährstoffarmen Korallenriffen gedeiht. Sie bleiben in der Wassersäule schwebend und befinden sich nicht auf dem Substrat des Beckens. Durch DNA-Tests ist festgestellt worden, dass dieses Bakterium selten in neuen Becken auftaucht und sich langsam zu besiedeln beginnt, wenn ein Becken reift. In der Wassersäule schwebend bedeutet, dass dieses Bakterium anfällig für UV-Sterilisation ist.
    Ozeanopirillaceae
    Dieses Bakterium kommt in den meisten etablierten Aquarien vor und ist ein weiteres frei schwebendes Bakterium, aber es bevorzugt Umgebungen mit hohem Nährstoffgehalt anstelle von Situationen mit niedrigem Nährstoffgehalt wie Pelagibacteraceae. Dieses Bakterium bevorzugt organische Säuren wie Aminosäuren oder Acetat und blüht oft als Reaktion auf Kohlenstoffdosierung oder Probiotika, die oft Essig enthalten.
    Alteromonadaceae
    Diese Familie gedeiht in Situationen mit höherem Nährstoffgehalt, toleriert jedoch eine Reihe von Nährstoffgehalten. Sie wächst meistens zusammen mit lästigen Algen, weil sie die Kohlenhydrate bevorzugen, die von photosynthetischen Algen freigesetzt werden und dominiert oft in Becken mit einer starken Bedeckung mit lästigen Algen oder einem Refugium voller Makroalgen.


    Das Vorkommen und die typische Verteilung dieser Organismen ist in gut ausbalancierten Riffbecken mit gesundem Biom gemessen worden. Je größer die Abweichung davon ist, desto schlechter schneidet ein Vergleichsbecken ab.
    Hier ist allerdings anzumerken, dass das postuliert wird. Ob das tatsächlich so ist und ob diese Daten überhaupt etwas aussagen, dazu später mehr.


    Nun zu den Becken:


    Becken 1: Totgestein und Toter Sand


    Becken 2: Totgestein, toter Sand, Korallen


    Becken 3: Totgestein, Ocean Direct Live Sand


    Becken 4: Real Reef Rock


    Becken 5: Totgestein, toter Sand. Lebendgestein im dunklen Technikbereich


    Becken 6: Gestein und Sand von einem etablierten Becken


    Becken 7: Totgestein, toter Sand, 2 Tassen Sand von einem etablierten Becken


    Becken 8: Lebendgestein aus Indonesien, toter Sand


    Becken 9: Lebendgestein, nass transportiert aus der Golf Region


    Becken 10: Totgestein, toter Sand, Life Mud von AF


    Becken 11:
    Bilder auf 10 Stück pro Post begrenzt, daher nur so:
    Totgestein, toter Sand, Wasser komplett aus etablierter Anlage


    Becken 12:
    Totgestein, Toter Sand, Produkt "Marine Pure Brick"

  • Ergebnisse
    Ich fasse die wesentlichen Ergebnisse hier zusammen. Wer das ausführlich wissen will, soll sich die 10teilige Videoreihe dazu anschauen, die ich ganz am Ende verlinkt habe.


    Becken 1: Totgestein und Toter Sand
    Wie fast zu erwarten, verlief die erste Phase sehr unproblematisch (da alles tot). Dies änderte sich doch in Phase 2: Nach dem Einbringen der Mixtur aus nicht erwünschten Organismen entwickelte sich schnell ein Ausbruch von Goldalgen, der dann durch einen üblen Ausbruch von Kieselalgen abgelöst wurde. Die Kieselalgen hielten sich bis zum Ende des Experiments.
    BRS interpretiert es so, dass durch das Fehlen jeglicher Konkurrenz (auch das Fehlen natürlicher Kieselalgen-Raubtiere wie Copepoden) die Kieselalgenblüte nicht von alleine zurückging.
    Auf der anderen Seite schreibt BRS, dass sie während des gesamten Experiments in diesem Becken nie Cyanobakterien, Dinoflagellaten oder Haaralgen gesehen hätten.
    Ich vermute, die Goldalgen und nachfolgende Kieselalgenplage war so vorherrschend, dass kein anderer Organismus Fuß fassen konnte.


    Becken 2: Totgestein, toter Sand und Korallen
    Dies ist wohl heutzutage die beliebteste Methode, ein Becken zu starten. Phase 1 lief sehr gut, es entwickelte sich ein gesundes Biom und auch Kleinstlebewesen hielten Einzug (über die Korallenableger). Es gab vereinzelt überschaubare Cyanobeläge. Über die Korallenableger wurde jedoch eine räuberische Planarienart eingebracht. In Phase 2 entwickelte sich ein mäßig bis starker Kieselalgenbefall, der sich auf das Sandbett beschränkte und bis zum Ende des Experiments nicht wegging.


    Becken 3: Totgestein und Ocean Direkt Live Sand
    In Phase 1 optisch eines der besten Ergebnisse. Obwohl im Live Sand "aus der Tüte" keine Kleinstlebewesen enthalten sind, sind wohl Bakterien noch ausreichend enthalten, die dann auch eine gewisse Wirkung zeigen. Phase 2 war dann eine Katastrophe mit massivem Kieselalgenbefall, der auch auch nach dem vollständigen Absaugen schnell wieder kam. Zudem entwickelten sich auf dem Stein Cyanos- und/oder Dinobefall.


    Becken 4: Reel Reef Rock
    Phase 1 lief wie ebenfalls zu erwarten, sehr gut. In Phase 2 traten massive Probleme aus, was dieses Becken zum schlechtesten in der Testreihe machte. Nur 3 Wochen nach der Dosierung der Mixtur aus unterwünschten Organismen explodierten im Becken orangefarbene Kieselalgen. Selbst nach gründlicher Reinigung zeigten sich die Kieselalgen sehr aggressiv und kamen umgehend wieder.


    Becken 5: Totgestein, toter Sand, Lebendgestein im Technikbecken
    Für mich eines der interessantesten Becken. In beiden Phasen schlug sich dieses Becken am besten von allen 12 Setups. Das Becken sah nicht nur während des größten Teils des Tests gut aus, sondern war auch in der Lage, die Schädlinge ganz alleine abzuwehren. Schädlinge tauchten auf, waren aber nicht schwerwiegend und lösten sich schnell von selbst auf. Zu Beginn von Phase 1 gab es offensichtliche Anzeichen von Mikrofauna, kombiniert mit einem ausgewogenen und vielfältigen Biom.


    Becken 6: Gestein und Sand aus einem eingefahrenen Becken
    Dieses Becken schnitt auch sehr gut ab. Es gab keine größeren Problem, allerdings wuchsen nach der Dosierung der Mixtur in den ersten 3 Wochen neben Haaralgen einige Goldalgen. In Woche 19 zeigt sich ein leichter Hauch von orangefarbenen Kieselalgen, der jedoch innerhalb einer Woche verschwunden ist. Die Haaralgen und Goldalgen traten nur vereinzelt auf.


    Becken 7: Totgestein, toter Sand und eine Tasse Sand aus einem eingefahrenen Becken
    Während es mit Aquabiomics in Bezug auf das Biom-Gleichgewicht ziemlich gut abschnitt, war das Vorhandensein von unerwünschten Organismen sehr deutlich, insbesondere explosive auftretende Kieselalgen. Allerdings kamen mit dem Sand auch Kleinstlebewesen ins Becken. Die Kieselalgen gingen von alleine zurück, machten dann aber Goldalgen Platz.


    Becken 8: Lebendgestein aus Indonesien
    Dieses Becken hat so ziemlich jeden Schädling irgendwann erlebt. In Phase 1 war das Gestein mit Goldalgen bedeckt und nach dem Einbringen der Schädlingsaufschlämmung entstand eine explosive Kieselalgenblüte, die bis zum Ende der 25. Woche bestehen blieb.
    Auf den ersten Blick könnte das schlechte Abschneiden die allgemeine Vorstellung in Frage stellen, dass Lebendgestein die wertvollste Biomquelle in einem Riffaquarium ist. Trotz der Anwesenheit von Bakterien und Kleinstlebewesen kam es zu Ausbrüchen diverser unerwünschter Arten. Wenn da Becken 9 nicht wäre :winking_face:


    Becken 9: Lebendgestein aus der Golfregion, im Wasser transportiert
    Becken 9 gehört zu den besten Becken. Es gab zwar in Phase 1 diversen Aufwuchs, aber das regelte sich von alleine. Vor allem nach Einbringen der Mixtur aus unterschiedlichen Organismen zeigte sich dieses Becken als äußerst widerstandsfähig. Am Ende des Experiments, in Woche 25, sah das Becken fast so aus wie in der ersten Woche, bis auf einzelne Büschel aus Haaralgen.


    Becken 10: Totgestein, toter Sand und Live Mud von AF
    Das Becken entwickelte sich praktisch 1:1 wie das Becken mit Live Sand. Phase 1 hui, Phase 2 pfui mit anhaltendem Kieselalgenbefall.


    Becken 11: Totgestein, toter Sand, Wasser komplett aus etablierter Anlage
    Schlechtestes Becken von allen. Es endete mit einer dicken Schicht Cyanobakterien und Kieselalgen


    Becken 12: Totgestein, Toter Sand, Produkt "Marine Pure Brick"
    Marine pure brick ist ein besonders luftiges Gestein, das sich zuvor im Technikbecken eines eingefahrenen Beckens befand. Insgesamt schnitt es gut ab, der Aufwuchs in Phase 1 ging schnell von alleine zurück und am Ende von Phase 2 verblieben nur noch ein paar Haaralgen. Kieselalgen, Cyanobakterien, Dinoflagellaten und Goldalgen wuchsen in diesem Becken nicht.

  • Beurteilung/Kritik


    Zunächst einmal muss man wissen, dass BRS kein Institut ist, sondern ein kommerzielles Unternehmen. Die Produkte, die hier verwendet wurden, werden von denen auch verkauft. Daher ist es etwas problematisch, solche Experimente neutral zu sehen. Auf der anderen Seite haben die sich sehr viel Mühe gemacht und man kann nicht sagen, dass hier bestimmte Produkte besonders herausgestellt werden. Ich gehe davon aus, dass das Experiment so ablief wie beschrieben.


    Der Versuchsaufbau ist schön und gut, aber eher unrealistisch. Keine Cleaning Crew, keine Fische (bis auf zwei Nemos pro Becken), die z.B. Algen abgrasen usw. Wobei das von BRS auch nicht intendiert war, es ging primär um die Entwicklung des Bioms, das anhand der vielen Aquabiomics Analysen jede Woche überwacht wurde. Da wären wir aber schon beim nächsten Punkt. Wir sich herausgestellt hat, taugen die Aquabiomic Analysen höchstens sehr eingeschränkt dazu, ein Becken zu beurteilen. Auch ein Becken mit hoher Diversität oder gutem Stabilitäts Ranking kann schwerwiegende Probleme entwickeln.
    Für mich ist es ähnlich wie bei den ICP Tests. Nur weil alles im grünen Bereich ist, heißt das noch lange nicht, dass ein Becken gut läuft. Man kann zwar Schadstoffe (bei Aquabiomics Korallen- und Fischpathogene) erkennen und einen massiven Mangel von bestimmten Spurenelementen (bei Aquabiomics die Organismenvielfalt) ablesen, aber mehr auch nicht. Aus den Ergebnissen der Aquabiomics Analysen lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen treffen.


    Was natürlich auch nicht betrachtet werden konnte: wie entwickelt sich jedes Becken mit der Zeit, zum Beispiel was die Nährstoffe anbelangt. Viele kennen es, Becken die tot gestartet wurden, brauchen länger, um stabil zu werden. Erst fehlen Nährstoffe und man dosiert zu, dann geht die Reise in die andere Richtung. usw. usf.


    Letzter Punkt: dieses Experiment wurde einmal gemacht. Wirklich aussagekräftig wäre es, wenn diese Versuchsreihe öfters gemacht werden würde und die Ergebnisse sich reproduzieren lassen. Das Becken mit den Korallenablegern ist ein gutes Beispiel. Leider wurden Planarien mit importiert über die Ableger, aber das ist natürlich nicht jedes Mal so. Genauso beim Sand aus einem eingefahrenen Becken und dem Lebendgestein. Die Ausgangs Parameter können so variieren, dass am Ende ein ganz anderes Ergebnis herauskommen kann.


    Auf der anderen Seite kann man dem Experiment aber auch etwas abgewinnen. Man spricht ja gerne von "Lebendgestein", aber wie in dem Experiment gezeigt wurde, entwickelten sich die beiden Becken mit Lebendgestein extrem unterschiedlich. Während das Gestein aus der Golfregion, das zudem noch im Wasser transportiert wurde, extrem gut abschnitt (auf dem Bild oben sieht man sogar noch lebende Schwämme), war das Becken mit dem indonesischem Lebendgestein mehr oder weniger ein Totalreinfall.
    Eventuell etwas banal, aber letztlich hat sich gezeigt, dass alle Becken, die in irgendeiner Form mit lebendem oder eingefahrenen Materialien gestartet wurden, gut liefen.
    Insofern ist es sehr wichtig, egal wie man startet, schnell Maßnahmen zu ergreifen, damit die ganze Biologie angekurbelt wird. Sei es nun durchs zügige Einsetzen von Korallenablegern oder auch durch (gutem) Lebendgestein oder auch Sand oder/und Steine aus einem eingefahrenen Becken. BRS weist darauf hin, dass in allen Becken, wo kleine Krebstiere, Copepden usw enthalten waren, Kieselalgen entweder gar nicht erst entstanden oder nach und nach zurückgedrängt wurden.
    Das sind sicher keine neuen Erkenntnisse, rufen aber nochmal ins Bewusstsein, dass der beste Weg, Plagen am Entstehen zu hindern, konkurrierende Organismen sind.
    In Bezug auf Lebendgestein würde ich in Zukunft wirklich x mal prüfen, woher es kommt, wie es aussieht und riecht.


    Die Versuchsreihen haben auch gezeigt, dass man mit den guten eben auch IMMER die bösen Organsimen einschleppen kann. Egal ob Lebendgestein, Korallenableger, Sand, Gestein und Wasser aus einer etablierten Anlage, man bekommt immer beides. Insofern wäre ich vorsichtig mit dem Argument, man könne sich durch Lebendgestein viel unerwünschtes einschleppen. Mag sein, dass sich bestimmte räuberische Tiere in den Steinen verstecken, aber Algen, schädliche Bakterien, Glasrosen, Planarien und diverse unerwünschte Organismen bekommt man von überall her mit.


    Besonders interessant finde ich das Becken, das zwar tot gestartet wurde, wo aber Lebendgestein im dunklen Technikabteil untergebracht wurde. Die Idee dahinter ist, dass sämtlich Plagen wie Cyanos, Dinos, Kieselalgen, Goldalgen, Grünalgen Licht benötigen, die Bakterien und die Mikrofauna aber nicht. Durch das Einlagern von Lebendgestein in einen dunklen Bereich reduziert man die Gefahr von unerwünschtem Aufwuchs, profitiert aber von der Bakterienvielfalt und den Kleinstorganismen. Wenn man dann noch Korallenableger vor dem Einbringen ins Becken entsprechend badet, so dass nahezu sämtliche unerwünschten Organsimen entfernt werden, könnte das ein sehr gutes Setup sein.
    Ich hatte zu Beginn meines Beckens im Abstand von 6-8 Monaten immer wieder Korallenbleichen. Nährstoffe waren immer ausreichend vorhanden, so wirklich eine Ursache konnte ich nicht ausmachen. Mir viel nur auf, dass es scheinbar ansteckend war, denn jede gesunde Koralle, die von einer kranken berührt wurde, entwickelte dieselben Symptome. Ich habe dann auch eine Aquabiomics Analyse machen lassen mit dem Ergebnis, dass ein potentiell schädlicher Korallenkeim nachgewiesen wurde, zudem war die Artenvielfalt recht gering. Ich habe dann Lebendgestein gekauft und es im Technikabteil untergebracht, gut durchströmt. Seitdem ist das Problem bis heute nicht mehr aufgetreten. Mag Zufall sein, beweisen kann ich es nicht, aber ich glaube schon, dass diese Maßnahme mit dazu beigetragen hat.


    Wer das ganze ausführlich nachlesen bzw. -hören möchte, kann das hier machen: BRS Biome Cyling



    Grüße


    Chris

  • Den Start mit Totgestein und Korallen habe ich ja auch im Quarantänebecken und dort erlebt, wie verheerend so ein Start in einem frischen Becken ist, wenn eine Plage wie Kieselalgen, Dinos oder Cyanos ausbricht. Ein UVC-Klärer kann hier beim Start sehr wertvolle Dienste leisten. Bei mir haben die Korallen nur durch UVC überlebt.


    Allerdings habe ich auch bemerkt, dass viele Bewohner auch bei Bädern zum Korallensäubern von Schädlingen trotzdem einziehen, so habe ich Flohkrebse und Borstenwürmer im Becken, die trotz dieser Bäder mit den Korallen zusammen eingezogen sind. Inzwischen breiten sich auch viele Röhrenwürmer ohne Fressfeind stark aus.


    Mit den Schnecken ist wohl auch etwas von der Caulerpaalge als Spore mit eingezogen, was mich jetzt zum mühseligen Säubern zwingt.


    Beim letzten Kauf von Lebendgestein war nur sehr wenig Leben dort drin enthalten, außer Flohkrebse und Borstenwürmer gab es praktisch nichts da drin, und ich bin nicht überzeugt, dass diese nicht doch durch die Korallenableger eingezogen sind. Vor zehn Jahren war bei mir im Lebendgestein noch ganz anders etwas los, es gab Fangschreckenkrebse, Krabben, einige nicht identifierbare kleine Anemonen und sogar eine Steinkoralle, die aus dem LS kam abgesehen von viel Kleinkrebsen. Beides waren Importe aus Indonesien gewesen, aber die Qualität war wirklich nicht zu vergleichen.


    Das Problem ist deshalb auch immer, wie man an das gute und wirklich frische Lebendgestein rankommt. Außer einem Direktimport, wenn man einen Kontakt mit einem Großhändler hat, glaube ich nicht, dass dies noch möglich ist.

  • dasselbe dachte ich letztens auch beim Händler. Was als LG ausgewiesen wird ist oftmals nur mit Algen übersät, und wirkt eher wie vorgehältert. Habe auch damals mit LG gestartet, auch Indonesien. Schwämme , eine Euphy, Krusten in allen erdenklichen Farben. Und super viele kleine Tierchen. Sowas ist heute eher die Ausnahme.
    Hatte das neue Becken aufgrund der Größe mit Totgestein gestartet, dazu Gestein aus dem Altbecken zum pushen eingesetzt und Fadenalgen waren gigantisch, Cyanos ebenfalls. Nun ist Ruhe reingekommen (9Monate später)... *klopf auf Holz*

  • Generell muss ich sagen: Da hat jemand versucht, Wissenschaftler zu spielen und hat (vorhersehbar) 12 verschiedene Ergebnisse erhalten.
    Leider ist die Aussagekraft gleich Null.
    Zu einem ordentlichen wissenschaftlichen Versuch gehören eine passende Anzahl exakt gleich aufgebauter Versuchsreihen.
    Daraus lässt sich dann quantitativ eine Statistik ableiten und daraus wiederum kann man eine Hypothese erarbeiten.
    Alles andere ist vielleicht medienwirksam (sicherlich gut, wenn man einen YouTube Kanal betreibt), ansonsten aber Kinderkacke.


    Ich hoffe, dass kein Anfänger diesen Thread liest und daraus etwas für sein Aquarium ableitet.
    Es kommt IMMER auf die Qualität des Gesteins und auf alle weiteren Parameter an.
    Ich kann das tollste Gestein der Welt haben wenn die Strömung oder das Licht nicht passen, wird das nix mit dem Becken.


    Viele Grüße,
    Rüdiger

  • Hallo Rüdiger,


    ich denke, Du hast das etwas daneben interpretiert. Es war eben kein wissenschaftliches Experiment, wo ein statistisch untermauertes Ergebnis erstellt werden soll, sondern ein Experiment für ein Aha-Erlebnis.
    Für ein wissenschaftliches Experiment fehlt die Dokumentation aller relavanten Parameter und des Versuchsaufbaus und natürlich die Reproduzierbarkeit, die allein schon wegen dem lebenden Material wie Korallen und LS nicht gegeben sind.
    Es ist ein Erfahrungsbericht, was bei unterschiedlichen Startbedingungen bei denen herausgekommen ist. Und es ist ähnlich relevant oder auch nicht wie der Bericht von jedem anderen Aquarianer, der eine Erfahrung gemacht hat.


    Natürlich kannst Du JEDEM Aquarianer, der nicht Wissenschaftler ist und seine Erfahrung mit exakt dem gleichen Aufbau in statistisch relevanter Zahl wiederholt, vorwerfen, dass die Aussage nicht relevant ist weil nicht wissenschaftlich gearbeitet wurde. Ich denke aber nicht, dass Du irgendjemanden einen Gefallen tust, das alles einfach als nicht wissenschaftlich haltbar komplett abzubügeln. Du kannst schon voraussetzen, dass das Experiment nicht von Hammeln ohne aquaristische Erfahrung durchgeführt wurde und die grundlegenden Parameter im vernünftigen Rahmen passiert sind.


    Natürlich sollte man dieses Experiment auch nicht als einen gesicherten Beleg für diesen oder jenen Aufbau des Aquariums nehmen, sondern als eine Erfahrung unter anderen, wenn es um den Start eines Beckens geht. Denke einfach mal an die Experimente zur Cyanokontrolle, was da alles schon versandet ist.

  • Hallo,


    BRS hat auch nicht behauptet, dass es ein wissenschaftliches Experiment ist. Zunächst einmal finde ich es salopp gesagt ziemlich cool, wenn jemand so was über 9 Monate macht und am Ende nicht sagt, kauft dieses oder jenes und es wird laufen. BRS kommt zu keinen allgemeingültigen Ergebnissen und am Ende stellen sie fragen, wie es weitergehen kann bzw. wir man weitere Experimente durchführen kann.


    Für Anfänger ist das erstmal auch nicht gedacht, denen raucht der Kopf sowieso schon. Irgendwie bedenklich ist es aber nicht, es wird ja nirgends gesagt, mache das so und so und alles wird gut. Eher im Gegenteil.
    Und ich finde schon, dass man daraus etwas rausziehen kann. Alle Becken, die weder Lebendgestein noch Sand oder Gestein aus eingefahrenen Becken enthielten, hatten am Ende mit extrem starken Befall zu kämpfen, der auch nicht wieder wegging.
    Wie oft liest man von schwierigen Becken, die tot gestartet werden und nur ein paar Stöpsel Korallenableger enthalten? Wenn man sich die Anleitungen dazu genau durchliest, dann wird stets empfohlen, das tot gestartete Becken SCHNELL und uppig mit Korallen zu besetzen, um möglichst viel Organismen ins Becken zu bekommen und die Siedlungsfläche für andere Organismen zu verkleinern.
    Das ist kein neues Wissen, aber es wird trotzdem oft vernachlässigt. Hier zeigt die Versuchsreihe anschaulich, dass die Wahrscheinlichkeit für Probleme sehr hoch ist, wenn man meint, man könne ein Becken mit Live Sand, Live Mud oder mit zwei drei Korallenstöpseln starten.


    Also egal wie man startet, es ist stets von Vorteil, viele Organismen ins Becken zu bekommen. Ob das die Schaufel Sand ist von Mrutzek oder von einem befreundeten Aquarianer ist oder Lebendgestein oder was auch immer.
    Wobei man auch hier nie zu 100% erwarten kann, dass es problemlos läuft. Das ist das was BRS als the good and the bad beschreibt. Wir sehen einfach nicht, was wir mit Korallenablegern, Sand, Lebendgestein einschleppen und letztendlich wissen wir nicht, was sich davon durchsetzen wird. Aber man kommt eben nicht umhin, egal wie man startet.
    Vielleicht habe ich das auch nicht deutlich herausgestellt, aber die übergeordnete Frage war, ob es Wege gibt ein Meerwasserbecken so zu starten, dass die Wahrscheinlichkeit für einen guten Verlauf sehr hoch ist und ob man das anhand der Aquabiomics Analysen beurteilen und sehen kann. Zu letzterem habe ich ja schon was geschrieben und BRS sieht das auch so. Es ist ein nützliches Tool für bestimmte Fragestellungen, mehr aber auch nicht.


    Ich finde es schon beeindruckend, wie das Becken mit dem guten Lebendgestein ohne Cleaning Crew und bei vollem Licht am Ende fast genauso gut aussieht wie zu Anfang. Und wie dieses Becken selbst das absichtliche Einbringen eines Pestgemisches gut überstanden hat. Ist das eine Empfehlung oder gar die Lösung? Eben nicht, wie das Becken mit dem anderen Lebendgestein gezeigt hat.
    Aber was wäre, wenn die Methode Lebendgestein oder Gestein von einem anderen Becken dunkel im Technikabteil einzubringen, in den meisten Fällen zu einem guten Ergebnis führen würde? Man reduziert durch die dunkle Lagerung die Gefahr von unerwünschten Organismen, bringt aber gleichzeitig Kleinstlebewesen und Bakterien ins Becken. Ich weiß es nicht! Aber ich finde es faszinierend, solche Experimente zu machen, auch wenn sich am Ende vielleicht herausstellt, dass es eben nicht reproduzierbar zu diesem oder jenem Ergebnis führt.


    Sowieso ist die Meerwasseraquaristik weniger Wissenschaft als vielmehr Kunst. Aber es schadet halt nicht, die Kunst auf der Basis von Methoden auszuüben, sich sich als vorteilhaft herausgestellt haben :winking_face:



    Grüße


    Chris

  • Ich fand den Beitrag toll zu lesen.


    Ja, ich gebe zu: Das erste was ich als Anfänger tat war natürlich, mir das Bild zu suchen mit meiner Startmethode. Da stand dann: "schlechtestes in der Testreihe". Das war gestern bitter, da ich gestern auch erst die Steine kaufte :rofl:


    Aber ich bin inzwischen bei der festen Überzeugung angekommen, dass es nicht DEN richtigen Weg gibt. Viele Wege führen nach Rom und überall kann man Probleme diverser Art erhalten. Damit muss man dann halt umgehen.


    Interessant war es schon zu sehen, wieviel Mühe sich hier jemand gegeben hat und wie neugierig er war. Die Startphase hat bestimmt viel Zauber inne, auch für langjährige Meerwasseraquarianer.

  • danke chris für den aufwand.


    Natürlich war das kein wissenschaftlicher aufbau. Muss es doch auch gar nicht sein.
    Es zeigt zuallererst folgendes: jedes becken ist anders. Man kann die entwicklung nicht vorweg nehmen. Auch ein mit 100% ls gestartetes becken kan havarieren. Aber man kann wahrscheinlichkeiten ableiten, die sich dann in der summe der gemachten erfahrungen auch durchaus belegen lassen. Wenn du biomasse mit einbringst geht es schneller und leichter. Die wahrscheinlichkeit einer havarie sinkt jedoch je grösser die menge sn biologischer aktivität ist die eingebracht wird.


    Ich denke, das ist auch der punkt, an dem der initiale fehler bei vielen anfängern passiert. Und der wäre ein monetärer. Da wird viel geld für becken, technik und versorgung bereitgestellt, aber wenn es dann an die biologie geht, fehlt es dann und reicht nur noch für wenige stöpsel. Das ist dem anwender oft nicht bewusst. Und dann wirds schwierig.


    So mal als beispiel ein 300 liter becken. Unter der prämisse, dass ich keine ableger oder größere stöcke von bekannten bekommen kann, also alles neu kaufen muss, dann sind 20 bis 25 tiere zum anfang nicht zu wenig. Dafür liege ich aber vorne weg schon deutlich über 1000 euro. Und das becken ist noch nicht voll. Jemand der neu angefangen hat und sich gerade für 4 bis 5000 euros die hardware angeschaft hat, hat das vielleicht nicht mit auf dem schirm. Denn die 1000+ die noch on top kommen, sind erst der anfang

  • Hallo,


    danke, habe ich gerne gemacht. Mir macht sowas momentan Spaß.


    @Jackrum
    Genauso ist es und man kann es den Leuten manchmal nicht verdenken. Da wird viel Geld ausgegeben für Becken und Technik und man hat die Befürchtung, dass die Korallen nicht so recht wollen, da will man es erstmal mit ein paar wenigen versuchen. Ganz ehrlich: mir würde es da auch mulmig werden als Anfänger. Aber es nützt nichts, da muss man durch.


    @Dea
    Genau diesen Schluss solltest du nicht daraus ziehen. Das schlechte Abschneiden hat einfach damit zu tun, dass das Becken der absichtlich zugesetzten Brühe nichts entgegen bringen konnte. Wenn du tot startest, dann schaue, dass du ordentlich viele Korallenableger einbringst und idealerweise z.B. ein paar Hand voll Sand aus einer eingefahrenen Anlage (wie aus der DSB Anlage von Mrutzek) oder eben Lebendgestein, dass du ins Technikabteil oder kleinere Brocken ins Hauptbecken einbringst.
    Du wirst Hitchhikern nicht viel entgegen setzen können, die kannst du über Lebendgestein, über Sand oder eben über Korallenableger einbringen.
    Bei obigem Beckenversuch waren es räuberische Planarien, die über die Korallenableger mit ins Becken kamen. Und die fressen die wichtigen Kleinkrebse, wie Copepoden, die wiederum ganz gut helfen gegen Kieselalgen und sogar teilweise auch Dinoflagellaten verspeisen. Etwas Glück gehört beim Beckenstart auch mit dazu.


    Grüße


    Chris

  • Oder man nimmt einfach gutes Lebendgestein, das angemessen gehältert wurde.


    Grundsätzlich wäre auch eine Möglichkeit, erstmal einen Stein zu kaufen und den mit Korallen vollzustellen.
    Sobald wieder Geld / Bock / neue Korallen vorhanden sind, könnte man den nächsten Stein kaufen und mit Korallen voll machen.


    Inzwischen weiß man nämlich, dass Gestein für ein gut laufendes Becken nicht notwendig ist.
    Aus eigener Erfahrung mit einem extra Becken für aufzupäppelnde Korallen und auch von Claude weiß ich, dass ein Becken komplett ohne Steine und ohne Sand viel schneller gut läuft als mit Gestein und Sand.
    Das kann man in jeder Zuchtanlage nachvollziehen.


    Meiner Meinung nach reicht es, wenn das Verhältnis von Biomasse zu Deko passt (mehr Korallenbiomasse als Gestein).


    Es gab mal eine Zeitlang einen Trend in den USA, wo die Deko komplett aus Epoxidharz bestand und die Becken liefen fantastisch.


    Viele Grüße,
    Rüdiger

  • Hi


    Finde den Versuch super und er bestätigt was ich von den (un)Real Reef Rocks halte… :grinning_squinting_face:


    Und LS ist sicher eine feine Sache, sofern mann denn gute Qualität überhaupt noch bekommt und das dann auch noch bezahlen kann.


    Echtes Riffgestein würde ich immer bevorzugen, ob lebend, tot oder auch wiederaufbereitet.


    Gruss
    Andi

  • Genau so ist es andi.
    Wobei so manches künstliche auch schon den preis für lebendes abgerufen hat...

  • Hallo,
    erstmal ein Dankeschön an argonaut für diesen aufwendigen Bericht. :thup
    Die Bedenken das Anfänger jetzt noch mehr Verwirrt werden teile ich nicht.
    Habe selber alles zweimal lesen müssen um alles (fast) zu begreifen.
    Falls ein Anfänger der schon ein Aquarium hat, das liest, ist es sowieso schon zu spät.


    LG Erwin

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