Definition Nährstoffarm<=>Nährstoffreich

  • Hi,


    aufgrund der Thread´s die jetzt schon seit einiger Zeit laufen und sich eigentlich
    ausschließlich mit diesem Thema auseinandersetzen habe ich mal den Thread hier eröffnet.


    Eigentlich dreht sich doch alles nur um Nährstoffarm<=>Nährstoffreich.


    Es gibt Hersteller, welche Mittelchen zur Absenkung der Nährstoffe anbieten,
    wiederum gibt es einige die genau das Gegenteil machen.
    Also gibt es 2 Fraktionen:
    1. Die für nährstoffreiche Becken
    2. Die für nährstoffarme Becken


    Wer definiert Nährstoffarm<=>Nährstoffreich und wo fängt es an,
    kann man das überhaupt sagen.
    Bsp. 0,08mg/l PO4 - 2mg/l NO3 =>>> Nährstoffarm<oder>Nährstoffreich
    Verhältnis N : P, der eine sagt 10:1, der andere 20:1
    keine genauen Quellenangaben und Nachweise


    Wo liegen die Vor- bzw. Nachteile.
    Wo liegen die Depots für Stickstoff.


    Vielleicht wäre es schön eine Tabelle zu erstellen mit den Vor- und Nachteilen
    die vom Benutzer (Forumsuser) ergänzt werden können.


    Auch für Anfänger sehr wichtig zu wissen, wenn Sie Korallen kaufen,
    wie die Nährstoffkonzentration bei dem jeweiligen Händler ist.
    Sonst kann die Freude an den erworbenen Sachen sehr kurz sein.


    Gruß

  • Hallo Peter,


    die Frage ist doch auch hier, wie so oft, was will ich überhaupt? Will ich ein harmonisch laufendes Becken mit gemischten Korallenarten und ausgewogenem Fischbesatz? Oder will ich das absolut oberfarbigste Steinkorallenbecken?
    Will ich ein stabil laufendes Becken, das ich auch mal ein paar Tage einer Urlaubsvertretung überlassen kann? Oder will ich den Tanz auf dem Vulkan auch auf die Gefahr hin, dass der mal ausbricht?


    Meine Werte sind folgendermaßen:
    - PO4< 0,02
    - NO3 = 5-10


    Diese Werte sind seit Beginn weitestgehend konstant. Also etwa 2,5 Jahre. Meine Fische müssen nicht hungern und meine Korallen wachsen und gedeihen bestens. Algenprobleme habe ich keine. Und ja, auch meine Korallen sind farbig.


    Wie man nun merken kann bin ich kein Freund davon, die Werte gegen Null zu fahren. Oder anders ausgedrückt, bin ich kein Freund davon ständig an den Wasserwerten herumzuspielen. Ist es nicht vielleicht eher wünschenswert das eigene System daheim auf Dauer relativ konstant zu fahren? Meine Wasserwerte haben sich nach der Einfahrphase in diesen Bereich eingependelt. Und seitdem sind sie so. Immer. Bei jeder Messung. Warum sollte ich nun anfangen, sie versuchen in eine andere Richtung zu "quetschen"?


    Ich denke einfach, dass viele sehr gerne basteln. Für den einen oder anderen mag es wohl langweilig sein, dieses nicht zu tun. Ich freue mich eben, wenn es mehr oder weniger "von alleine" läuft.


    Wenn ich dann noch lese, was insbesondere Anfänger schon zu Beginn ihres Beckens alles verwenden, wird mir ganz schwindelig.
    Und wenn ich sehe, wieviele im Moment ihr Becken "abfackeln" nur um Wasserwerte in diesem oder jenem Bereich zu bekommen, dann macht mich das sehr sehr traurig...


    Kann das Tierliebe sein...?


    Ina

  • Zitat

    Original von Peter_J
    Bsp. 0,08mg/l PO4 - 2mg/l NO3 =>>> Nährstoffarm<oder>Nährstoffreich
    Verhältnis N : P, der eine sagt 10:1, der andere 20:1
    keine genauen Quellenangaben und Nachweise
    ß


    hi peter,


    in deinem beispiel halte ich das po4 zum no3 für zu hoch.


    sollte besser bei o,o2 liegen.


    also 100 : 1


    quelle: korallenfarm :winking_face:

  • Zitat

    Original von Janka
    @Ina: Gib mir 5, Ina. Du sprichst mir aus der Seele :thup


    Meine Wahl: Ein harmonisch laufendes Becken mit gemischten Korallenarten und ausgewogenem Fischbesatz!

  • Hallo Mädels, :wink


    ich freue mich, dass Ihr meine Meinung teilt.


    Leider drücken mir die Diskussionen in anderen Threads derzeit etwas auf die Seele.
    Es wäre doch schön, wenn man sich bei unserem gemeinsamen Hobby auch mal wieder etwas mehr auf die Schaffung eines gesunden und dauerhaft stabilen Biotops besinnen würde...


    Danke und Grüße,
    Ina

    Einmal editiert, zuletzt von Ina Fischer ()

  • @Ina:
    selbstverständlich ist es das Bestreben von jedem Aquarianer
    ein harmonisch funktionierendes System zu schaffen.
    Ich bin auch kein Freund von nährstoffarmen Becken.
    Nur denke ich, dass bei der Fülle von Artikeln die es auf den Markt gibt so manch einer
    nicht mehr weiß was das alles soll.
    Gerade bei Anfängern, wie du schon geagt hast, sollte dieser Thread vielleicht auch eine kleine
    Hilfestellung sein. Als Anfänger hast du noch nicht die Erfahrung um zu sehen was in deinem Becken los ist.
    In dieser Phase testet der eine oder andere des öfteren die Wasserwerte, manchmal auch falsch,
    und bekommt dann Panik wenn die Werte nicht stimmen.
    Warum Leute in ein funktionierendes System irgendwelche Mittel kippen ist mir auch immer ein Rätsel.
    Aber aus der Anfangszeit kann ich mich auch an solche Maßnahmen erinnern.
    NEVER CHANGE A RUNNING SYSTEM


    Joe:
    danke für deine Einschätzung mit Angabe der Quelle (kannte ich schon) :thup
    Aber ich glaube du hast dich vertippt, oder??? 100:1???
    Das Molare Verhältnis nach Original-Redfield von den Elementen Stickstoff und Phosphor ist doch 16:1
    oder übersetzt 10,4:1 NO3<=>PO4.
    Liege ich da richtig?
    Dachte aber immer das Redfield in der Meerwasser Aquaristik nicht die Bedeutung wie beim Süßwasser hat.


    Sven:
    Denke auch, dass Werte von <0,1mg/l PO4 eher als nährstoffarm zu bezeichnen sind.
    Genau das hat auch Hans- Werner schon geschrieben.
    In diesen Bereichen sollte man sich keine Sorgen machen.


    Gruß

  • Hallo Peter,


    es ist so, wie Du es beschreibst. Als ich selber mit der Meerwasseraquaristik begonnen habe, habe ich auch gedacht, dass ich das alles nie verstehen werde. Die verschiedene Technik und die unterschiedlichen Systeme gepaart mit den angebotenen Zusatzmitteln haben mich auch völlig durcheinander gebracht.
    Ich habe vorher allerdings schon knapp 20 Jahre Süßwasser betrieben. Auch dort nach dem Motto "Weniger ist manchmal mehr". Damit fahre ich auch im Bereich Meerwasser eigentlich ganz gut.


    Für mich ist eben immer noch einer der wichtigsten Punkte, dass man sich für ein System entscheidet und möglichst dabei bleibt. Das kann nährstoffreich oder eben auch nährstoffarm sein. Aber wenn ich eben nährstoffarm will, dann kann ich auch nicht noch alle Fische gleichzeitig wollen. Oder noch schlimmer, diese hungern lassen. Dann werden Mittel gegen steigende Nährstoffe eingesetzt und UV und Ozon für die kränkelnden Fische. Es ist aus meiner Sicht eben wichtig, sich zu überlegen, was einem wichtiger ist. Alles auf einmal funktioniert in den wenigsten Fällen. Da bricht das System wahrscheinlich irgendwann zusammen und das ist sehr schade.


    Aber mal zwei Wochen dieses Mittelchen zu probieren und die nächsten drei Wochen ein anderes, das führt in meinen Augen nicht zu langfristigem Erfolg.


    Viele Grüße,
    Ina

  • Hallo Mädels, Hallo Peter,


    Ihr seid nicht allein. Extrem niedrige Nährstoffverhältnisse machen in einem gemischten Becken wenig Sinn, denn Lederkorallen oder Krustenanemonen schwächeln da schon.
    Phosphat kommt im Riffbereich in Konzentrationen bis 0,09 mg/ vor. Dies würde ich auch als die Grenze zu nährstoffarm ansehen. Der gelöste Stickstoff, in Nitrat umgerechnet, liegt als Obergrenze im Meer bei nur 0,5 mg/l.
    Mit den herkömmlichen Aquarientests lässt sich dieser Wert (Nitrat) aber kaum zuverlässig bestimmen und höhere Werte bis zu 10 oder 20 mg/l kommen in Riffbecken häufig vor. Wo man hier die Grenze zwischen nähstoffarm oder -reich ziehen soll, ist wohl schwerer zu definieren.
    In meinen Becken habe ich durch den Verbund mit einem sehr großen Caulerpabecken meist recht niedrige Werte,
    PO4 bei 0,02 mg/l recht stabil (momentan wieder höher) und NO3 bei 1 - 3 mg/l schwankend. Krustenanemonen befinden sich da bei mir schon an der Grenze zur Degeneration!
    In einem kleineren Becken hielte ich diese Werte schon für grenzwertig, denn je nährstoffarmer ein Becken ist, desto empfindlicher ist es auch.


    Gruß


    Bernd

  • Zitat

    In einem kleineren Becken hielte ich diese Werte schon für grenzwertig,


    Hallo Bernd


    Was definierst du als klein?


    Zitat

    Auch mich fasziniert an einem Aquarium das ausgewogene Verhältnis zwischen Nährstoffeintrag und Nährstoffverbrauch.


    Dem ist eigentlich nichts hinzu zu fügen.

    Marine Nachzucht ist eine Chance, wenn man den Mut aufbringt sie zu nutzen.
    Ich entscheide mich für den Mut.


    Gruß Harald

  • Guten Morgen!


    Auch ich schließe mich Ina uneingeschränkt ein :thup


    Ina, ich beneide dich um den Nitratwert. Bei uns ist es so, dass seit unserem Einstieg in die MW-Aquaristik NO3 noch nie >1mg war, meistens sogar deutlich darunter bzw. in der Regel n.n. Das begann in unserem ersten kleinen 100l-Becken, setze sich im 300er fort inklusive Umzug (auch danach n.n.), und ist jetzt im 1000l-Becken nicht anders. Nix Nitrat, so gut wie nix Phosphat.


    Den Korallen geht es gut, aber wir haben regelmäßig mit diversen Algenplagen zu tun. Das macht einfach bald keinen Spaß mehr :frowning_face:


    Was das Verhältnis von NO3 zu PO4 angeht. Auch das ist wohl nicht jedem (inkl. mir) klar: Wie rechnet man? Einfach die mg/l-Werte ins Verhältnis setzen? Also wie oben 0,02mg/l PO4 mal 100 ==> 2mg/l NO3? Dann macht 1:100 doch Sinn...?

  • Zitat

    Original von Peter_J
    Aber ich glaube du hast dich vertippt, oder??? 100:1???


    hi peter,


    nun, wenn du 0,02 mg po4 misst und das mal 1hundert multiplizierst, kommst du auf den wert des no3 von
    2 mg.


    mehr oder weniger genau entsprechend den eingesetzten wassertests und deren handhabung.


    alsp phi mal daumen - je höher der po4wert, je höher kann der no3wert liegen.


    allerdings ist da auch irgedwann mal schluss.


    die beckeneigenen korallen (sps) sind recht anpassungsfähig, allerdings neuzugängen schaffen das bei zu großen differenzen nicht immer.

  • Zitat

    nun, wenn du 0,02 mg po4 misst und das mal 1hundert multiplizierst, kommst du auf den wert des no3 von
    2 mg.


    Hi Joe,


    sehr gut :ylol, ich glaube das hatten wir mal in der Grundschule.


    Aber was hat denn das mit dem Redfield- Verhältnis zu tun
    an dem sich die Leute immer wieder orientieren sollen?
    Wie ich oben schon geschrieben habe ist das doch immer mit 10 : 1 angegeben.


    Gruß

  • hey zusammen


    manchmal schreibt man 1:10 dann wieder 1:16
    oder auch 1 Mol P : 16 Mol N : 106 Mol C


    oder auch
    Das atomare Verhältnis für N : P = 16:1
    Das Masse Verhältnis des RR ist für N : P = 7,2:1


    oder ist das falsch ?



    lg stephan

  • Hallo Stephan,


    das Verhältnis 1P:16N entspricht bezogen auf die Oxide 1PO4:10,33NO3. Das wird auch als Buddy Ratio bezeichnet.


    Ganz allgemein: Das Redfield-Verhältnis (oder eben einfacher die Buddy Ratio) ist für mich eine wichtige Orientierungshilfe. Wie Bernd schon angemerkt hat ist das Verhältnis eine Sache, die absoluten Werte die andere. Irgendwann ist halt Schluss - nach oben genauso wie nach unten (wobei letzteres eh auch schwer zu berechnen ist :))


    Aber jetzt zum Wesentlichen: Die 'gemessenen' Nährstoffwerte sind ja nur eine Momentausnahme und sagen im Grund genommen gar nix aus, solang ich nicht den Nährstoffeintrag berücksichtige und die Zusammensetzung der Verbraucher.


    Wenn ich in einem Aquarium vor der Fütterung feststell, dass PO4 bei 0,02 mg/l liegt und NO3 unter der Messgrenze, dann heißt das ja nicht von vornherein, dass das Becken 'nährstoffarm' geführt wird, sondern dass die darin lebenden Organismen das Futter optimal nutzen konnten. Solang es ihnen augenscheinlich gut geht ist das doch prima!


    Natürlich ist es eine Herausforderung, solche Verhältnisse zu schaffen. Aber genau das empfind ich als die Essenz der Aquaristik.


    Liebe Grüße
    Linda

  • hey linda


    das bedeutet doch wenn ich zb 3 mal täglich frostfutter gebe
    dazu noch granulat und flockenfutter und die fische schon fast fett sind :winking_face:
    und am nächsten tag der wert wieder als bsp bei no 0.25 po 0.03 liegt läuft alles rund oder ?


    in diesem becken wäre es dann doch aber auch quatsch die werte künstlich auf no 10 anzuheben oder ?



    lg stephan

  • Zitat

    Original von Linda
    Hallo Stephan,


    das Verhältnis 1P:16N entspricht bezogen auf die Oxide 1PO4:10,33NO3. Das wird auch als Buddy Ratio bezeichnet.


    Ganz allgemein: Das Redfield-Verhältnis (oder eben einfacher die Buddy Ratio) ist für mich eine wichtige Orientierungshilfe. Wie Bernd schon angemerkt hat ist das Verhältnis eine Sache, die absoluten Werte die andere. Irgendwann ist halt Schluss - nach oben genauso wie nach unten (wobei letzteres eh auch schwer zu berechnen ist :))



    Hi zusammen,


    buddy ratio :grinning_squinting_face: komm mir vor wie beim PADI open water :winking_face:


    Ich will mich hier gar nicht groß einmischen, das Thema Redfield wurde schon ein dutzend Mal hier im Forum mit vielen Leuten diskutiert, jedesmal ohne Ergebnisse und ohne weiterbringende Erkenntnisse. Es gibt viele interessante Themen und kaum ein Thema verdient es, nicht besprochen zu werden. Aber beim Thema Redfield... naja


    Ich möchte an dieser Stelle nur einmalig nochmal daran erinnern, dass sich das hier diskutierte Verhältnis von 16 N : 1 P auf eine planktonische Mikrogrünalge bezieht, und es abseits dieses Verhältnis je nach Organismengruppe auch ganz andere definierte Verhältnisse gibt, die v.a. auch von den jeweiligen Umgebungsbedingungen beeinflußt werden. Und im Übrigen, nur, weil die Zusammensetzung des Organismus eine messbare Nährelementverteilung aufweist (und darüber ist das Redfield-Verhältnis definiert), heißt das nicht, dass auch die Nährstoffaufnahme- und Transportsysteme am und im Organismus darauf optimal eingestellt sind. Und es macht auch einen Unterschied, ob Stickstoff in Form von Aminosäuren, von Ammonium oder Nitrat vorliegt, weil dazu jeweils ganz verschiedene Aufnahmemechanismen in der Zelle bestehen. Das wird hier alles über einen Kamm geschert.


    Wichtig ist, dass die relevanten Nährstoffe für alle gewünschten (!) im Ökosystem bestehenden Organismen verfügbar sind. In welchem Verhältnis diese vorliegen, spielt dabei gar keine Rolle, und das ist auch in jedem Becken anders. Problematisch wird es nur dann, wenn ein Nährstoff nicht verfügbar ist. Und diesen Zustand muss man verhindern bzw. aufheben. Wir stellen also die Nährstoffe so ein, dass sie für die Korallen passen, und für Algen zum Beispiel nicht. Und das kann man doch mal diskutieren:


    nach wie vor wichtig für uns in der Aquaristik ist das Verhindern von Algenplagen. Das ist ein uraltes Problem und bis heute aktuell. Und der Ansatz, wie man das erreicht, ist ganz einfach: wir schaffen Raum- und Nährstoffkonkurrenz, d.h. wir versuchen die Nährstoffe so einzustellen und zu steuern, dass sie sich nicht anreichern, und versuchen in unserem Fall mit Korallen soviel Biomasse wie möglich einzubringen, dass diese Nährstoffe auch aufgenommen und verwertet werden. Im Falle von schön dicht gewachsenen Korallenriffaquarien ist das einfach nachvollziehbar, weil man offenbar sieht, dass für Algen gar kein Platz ist.


    Aber es gibt auch in jedem Becken am Anfang den Zustand, das noch recht viel Siedlungsraum frei ist. Glücklich sind wir dann, wenn wir in dieser Startphase des Beckens sehen, dass sich Algen entweder zurückentwickeln, oder gar nicht erst aufkommen. Und der Grund dafür, weshalb sie absterben oder weshalb sie gar nicht erst kommen ist der, dass wir durch unsere praktischen Maßnahmen im Beckenbetrieb eine Nährstoffverteilung schaffen, die für Algen nicht optimal ist. Wir limitieren also das Wachstum von Algen und versuchen Abschäumer, Filtermedien und Fütterungen etc. so einzustellen, dass es den Korallen gut geht, ohne dabei Algenwachstum zu erzeugen. Ohne es zu messen und ohne es vermutlich überhaupt bewußt zu entscheiden, stellen wir die Nährstoffverhältnisse so ein, dass sie für uns bzw. unsere Korallen passen, und dabei ist uns auch klar, dass es nicht nur ein einziges optimales Verhältnis geben kann. Sonst hätten wir eben nicht den Zustand, dass unsere Steine blitzeblank sind und nur die Korallen wachsen.


    Auf welcher aquaristischen Grundlage kann man also stumpf behaupten, dass der Verhältnis von 16 N : 1 P für unsere Korallenriffaquarien optimal ist? Und wenn jetzt jemand auf die Idee kommt zu sagen, dass die Zooxanthellen in den Korallen ja auch Mikroalgen sind (auch wenn es keine Grünalgen sondern Heterokonten sind), und das Verhältnis deshalb passt: die Koralle stellt in ihrem Gewebe die Umgebungsbedingungen so ein, dass die Zooxanthellen stickstofflimitiert sind. Nur dadurch kann die Koralle es erreichen, dass die Algen sich nicht zu stark vermehren und die Photosyntheseassimilate nicht in das Zooxanthellenwachstum investiert werden, sonder in die Koralle überführt werden. Wir haben da also wenig Einfluß drauf, ausser, wenn wir es zu einer Nährstoffanreicherung kommen lassen, dann hat die Koralle mit der Symbioseregulation Schwierigkeiten. Genau wie es die Koralle mit den Zooxanthellen macht, machen wir es in der aquaristischen Pflege auch: wir limitieren das Wachstum von Algen, und profitieren davon, dass die Koralle eben keine Pflanze ist, sondern ein Tier, dass offenbar keine Bedingungen bevorzugt, die autotrophe Organismen benötigen, um Biomasse aufbauen zu können. Nur deshalb funktioniert die Korallenriffaquaristik, und nicht, weil uns die Natur einen Gefallen tut.


    Wie auch immer, unsere praktischen Pflegemaßnahmen und Vorgehensweisen zeigen uns, dass es nicht das eine optimale Verhältnis geben kann.


    Jörg

  • Hallo Christiane,


    ich habe Dein Becken vor Augen, aber wie sieht denn Dein Fischbesatz aus?
    Vielleicht fehlen in Deinem knapp 1000 Liter fassenden Becken ein paar flossige Mitbewohner, die ordentlich hungrig sind. :grinning_squinting_face:


    Gegen unerwünschtes Algenwachstum setze ich auf ein ganzes Heer von Fressfeinden. Ich bin bei meinem Becken sehr auf eine hohe Artenvielfalt bedacht. Sowohl insgesamt als auch im Bereich der Algenfresser. Ich denke, das zahlt sich aus. Viele Nischen sind besetzt. Dadurch kann sich meiner Meinung nach, ein langfristig stabiles System austarieren, dass gut mit "höheren" Nährstoffwerten steht.


    Der Vollständigkeit halber hier mal eine kleine Auflistung meiner Algen- und Detrituscrew:
    - Tectus, Turbo, Engina, Nassarius, Babylonia, Mespilia, Percnon, Archaster, Lysmata debelius und amboinensis, Chlorodiella und verschiedene Einsiedler.


    Alles unscheinbare Mitbewohner, die aus meiner Sicht aber sehr dazu beitragen, mein System zu stabilisieren und gesund zu erhalten.


    Ina

  • Hallo Jörg


    Hut ab, sehr gut geschrieben und bin absolut Deiner Meinung! Sind wir ehrlich....Schaut man sich mal all die publizierten Messergebnisse in den Foren an - mal abgesehen von möglichen Messfehlern etc - so ist meist fest zu stellen, dass dieses Verhältnis meistens nie getroffen wird und teilweise erheblich aus dem "Raster" des vielfach erwähnten Verhältnisses fällt. In der Praxis erlebe und sehe ich aber viele Becken die sehr gut laufen, trotz Werten die eigentlich im Verhältnis zueinandner um ein Vielfaches überschritten wird. Muss man sich nun Gedanken machen wenn bspw. 3mg/lt. NO3 und 0.05mg/lt PO4 herrscht, aber das Becken nie besser lief, obschon ein 60:1 herrscht?!


    Schade konnte ich nicht an Deinem Vortrag in Völs teilnehmen, aber "Who knows?", vielleicht machst Du ja mal ein Gastbesuch bei uns in der Schweiz.


    Gruss, Marcel

  • Hi Jörg,


    vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast und es nochmal so ausführlich
    erläutert hast.
    Hatte es mir schon fast gedacht mit dem elenden "Redfield Verhältnis". :uzi:


    Wir hatten schon mal bezüglich Nährstofflimitierung telefoniert.
    Du warst damals noch in Ritterhude und hast mir als Tipp die Zufuhr von Stickstoff empfohlen.
    Seit dem führe ich es konstant zu, mit Erfolg.
    Wie in einem anderen Thread schon mal angesprochen habe ich wahrscheinlich irgendwo in meinem Becken
    einen Stickstoffspeicher.
    Nehme mal an, dass es an dem Bodengrund liegt. Meine Baggergrundeln machen ständig Berge von bis zu
    8cm. Ich muss diese dann immer vorsichtig glätten.
    Habe aber auch keine Lust in den Bodengrund einzugreifen und evtl. ein wenig zu entfernen.
    Bis jetzt läuft das alles sehr stabil.
    Ich habe aber Angst das sich dort mal eine Zeitbombe entwickelt.


    Ich füttere sehr abwechslungsreich, Nori Blätter, Frostfutter (gespült), viel Flockenfutter, Banane.
    Fische sind sehr anständig genährt und schwimmen harmonisch.


    Was meinst du, etwas Sand raus und sehen ob der Nitratwert steigt?
    PO4=>0,06,NO3=>3-4
    Tut mir Leid, wenn ich jetzt damit nerve,
    passt eigentlich auch nicht hier rein.


    Gruß

  • Zitat

    Auf welcher aquaristischen Grundlage kann man also stumpf behaupten, dass der Verhältnis von 16 N : 1 P für unsere Korallenriffaquarien optimal ist?


    Hallo Jörg,


    ich sehe die Redfield Ratio nicht als Kochrezept, an das man sich sklavisch zu halten hat. Aber im Zusammenhang mit dem Minimumprinzip hat sie mir schon zum zumindest ansatzweisen Verständnis der (Aquarien-)biologie verholfen - jedenfalls weit mehr als isoliert betrachtete Messergebnisse und undifferenzierte Verweise auf Grenzwerte für NO3 und PO4.


    Dass sich die Untersuchungen Redfields auf einen einzigen Organismus stützen war mir lange Zeit nicht bekannt gewesen, aber davon habe ich kürzlich an anderer Stelle gelesen.


    Die stumpfe Behauptung bezieht sich auch nicht auf das Verhältnis der Nährstoffe im Eintrag, sondern auf die Rückstände vor der nächsten Fütterung. Ich verstehe nicht, was falsch ist an der Annahme, dass die dann im besagten Verhältnis noch vorliegenden Nährstoffe ein guter Hinweis sind auf eine funktionierende Beckenbiologie. Vor allem dann, wenn sie in bescheidener absoluter Höhe gemessen werden und die Bewohner gesund erscheinen.


    Im Grund genommen wollte ich mit dem ersten Beitrag zum Ausdruck bringen, dass 'nährstoffarm' und 'nährstoffreich' nicht an Momentaufnahmen festzumachen sind.


    Liebe Grüße
    Linda


    PS/Edit: Ja, auch von mir ein Dankeschön für die Mühe, die du dir gemacht hast, diesen ausführlichen Beitrag zu schreiben.

  • Hallo Jörg,


    wie Du schon geschrieben hast, wurde das Thema Redfield-Verhältnisse schon mehrfach ergebnislos diskutiert. Deine Klarstellungen halte ich für sehr wichtig, denn mit den undefinierten N : P - Verhältnissen wurde viel unnötige Unruhe erzielt. Wichtig ist doch einfach nur die Feststellung, dass dies ganz individuell verschieden ist ( bei Caulerpa bis zu 200 : 1 ) und der Nährstoff, der diesbezüglich in geringerer Konzentration vorliegt, zuerst limitiert werden kann.


    Grüße


    Bernd


  • jau:-)


    das redfieldverhältniss ist wurst für unsere becken.


    wobei bei diesem ja auch noch der kohlenstoff mit angegeben wird.


    das können wir ja nicht messen.


    wirchtig für die allgemeine gesundheit des beckens ist, dass immer bedeutend mehr no3 messbar sein sollte, als po4.


    so wie in meinen beispiel.


    dabei kommt es auch nicht darauf an, obs nun 2 oder 5 mg no3 sind.

  • Zitat

    Original von Linda
    Aber jetzt zum Wesentlichen: Die 'gemessenen' Nährstoffwerte sind ja nur eine Momentausnahme und sagen im Grund genommen gar nix aus, solang ich nicht den Nährstoffeintrag berücksichtige und die Zusammensetzung der Verbraucher.


    hi,


    jain.


    zumindest sagen sie dir an, in welche richtung sie tendieren und was ggfls. zu tun ist.

  • Zitat

    Original von LindaIch verstehe nicht, was falsch ist an der Annahme, dass die dann im besagten Verhältnis noch vorliegenden Nährstoffe ein guter Hinweis sind auf eine funktionierende Beckenbiologie. Vor allem dann, wenn sie in bescheidener absoluter Höhe gemessen werden und die Bewohner gesund erscheinen.
    .


    Hallo Linda, und alle Anderen, danke für die netten Worte :-),


    es ist grundsätzlich erst einmal nichts verwerfliches dabei, dass man Empfehlungen bzgl. einer generellen Nährstoffverteilung in der Korallenriffaquaristik gibt. Vermutlich wird jeder Einsteiger genau das den Händler Fragen, wie auch immer. Auf jedem Pflanzendünger steht die Verteilung der Nährelemente drauf, weil es auch offenbar eine Rolle spielt.


    ABER, warum muss es ausgerechnet das Redfield-Verhältnis sein :confused_face:


    Es liegt vielleicht einfach daran, dass es so nett klingt, einfach auszusprechen und dennoch wissenschaftlich ist. Nur, die "Herleitung" dieses Verhältnisses zur Schaffung einer Grundlage für unsere Aquarien wird von der Theorie her total übers Knie gebrochen, und das stört mich.


    Erstens ist das ewig alte Paper von Redfield (ist glaube ich aus den 60er Jahren, irgendwo hab ich das auch noch rumfliegen) eine rein hypothetische Geschicht gewesen. Vermutlich weiß auch gar nicht jeder, wie diese Zahlen zustande kamen und was sie bedeuten. Redfield hat einfach den Gehalt an Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und später dann nochmal Eisen bestimmt und in Relation gesetzt, dabei kam raus, dass diese Phytoplanktonalge pro 106 Kohlenstoffatomen (kann man auch molar ausdrücken) aus 16 Atomen Stickstoff, 1 Atom Phosphor und 0,1 "Atomen" (hier wäre mol besser) Eisen besteht. Und dann hat er hypothetisch formuliert, dass es vermutlich optimal wäre, wenn im Nährmedium dieser Algen die Nährstoffe auch in der gleichen Verteilung vorliegen würden. Aber bis heute konnte das weder widerlegt noch bestätigt werden. In der Zwischenzeit hat man dass dann bei anderen autotrophen Organismen (anderen Algen und Bakterien) auch mal nachgemessen und dabei kamen unterschiedliche Werte raus, so dass sich auch keine echte statistische Signifikanz ergab, mit der man irgend etwas hätte anfangen können.


    Zweitens ist es immer noch ein molares Verhältnis, und bezieht sich auf die Nährelemente Stickstoff, Phosphor, Kohlenstoff, etc. Da kann man als Aquarianer nicht einfach hingehen und sagen, "ich rechne das jetzt einfach mal über die Molmasse in eine Masse Nitrat und Phosphat um, und den Rest ignorier ich einfach". Und das sprach ich schon an, es gibt physiologische Unterschiede bei der Verwendung von Ammonium oder Nitrat. Der Nitratstickstoff muss erst von der Zelle reduziert werden, das macht die Verwendung von Nitrat theoretisch betrachtet nachteiliger als die Verwendung von Ammonium. Man könnte also auch hier Weiterdenken und hypothetisch sagen, dass ich bei der Dosierung von Ammonium ggf. ein anderes Verhältnis zu Phosphor einstellen müsste, als wenn ich Nitrat anbiete, einfach, weil pro Zeiteinheit Ammonium schneller aufgenommen und weiterverarbeitet werden kann als Nitrat.


    Aber was nutzt uns all das theoretische Rumdiskutieren, Biegen und Brechen, nur um eine generelle Empfehlung "herzuleiten". Nur damit eine solche Aussage oder Empfehlung zitierfähig ist?


    Und auch wenn Du, Linda, es nicht als Kochrezept ansiehst, andere tun das.


    Das meiner Meinung nach größte Problem bei der Sache, das ich aber schonmal in einer Diskussion offenbar nicht richtig darstellen konnte, ist die Linearität dieses Verhältnisses. Gilt das über den gesamten Mess- und Wirkungsbereich, oder verändert sich das Verhältnis in Abhängigkeit davon, wie hoch der Gesamtnährstoffgehalt ist?
    Wenn ich (wie hier auch irgendwo gepostet) 0,25 mg/L Nitrat habe und Phosphat entsprechend irgendwo bei ca. 0,025 mg/L ansiedeln sollte (vice versa), wäre das von der Wirkung auf die Nährstoffverfügbarkeit das gleiche, als hätte ich einen Nitratgehalt von 5 mg/L und einem daraus resultierenden Phosphatgehalt von ca. 0,5 mg/L? Beim besten Willen, ich würde bei 0,5 mg/L einem Kunden raten, sein Phosphatproblem in den Griff zu bekommen, aber über Nitrat würde ich mit ihm vermutlich gar nicht diskutieren. Ein anderer Kunde, der wiederum kein Nitrat messbar hat (weil man 0,25 mg/L zu Hause nicht messen kann!), und dabei 0,025 mg/L Phosphat messen kann, den würde ich vor einem Nitratmangel warnen. Das einzige, was in beiden Fällen gleich ist, ist die Frage, warum sich die beiden Kunden bei mir melden: weil sie ein Problem mit dem Becken haben. Alle anderen, die ähnliche Messergebnisse vorweisen können, das Becken aber ohne Probleme läuft, die melden sich nicht bei mir.


    Also, worauf ich hinauswill ist, dass jeder Aquarianer sich am eigenen Schopfe packen und sein Becken "erlernen" muss. Dass das nicht leicht ist, will ich nicht behaupten, im Gegenteil. Aber die Aufgabe löst das Redfield Verhältnis nicht. Sondern nur die praktischen Erfahrungen, die sich jeder Aquarianer aneignen muss, um im Falle eines Nährstoffmangels oder eines Nährstoffüberschusses die richtigen Entscheidungen zu treffen. Mal ganz oberflächlich betrachtet, bei einer akuten Stickstoffmangelsituation handelt derjenige richtig, der Nitrat dosiert und die Fehlerquelle für den unausgeglichenen Nährstoffhaushalt sucht, und nicht derjenige, der über dem ganzen Grübeln nach richtigen Verhältnissen vergisst, einfach mal die Hände aus der Tasche zu nehmen und praktisch zu handeln. Ob ich in so einmal Fall 1 oder 2 mg/L Nitrat zudosiere, ist doch egal, hauptsache, es passiert was.


    So, genug geschrieben... mal wieder hält mich das Redfield-Verhältnis von der Arbeit ab...

  • Zitat

    Original von Linda
    Im Grund genommen wollte ich mit dem ersten Beitrag zum Ausdruck bringen, dass 'nährstoffarm' und 'nährstoffreich' nicht an Momentaufnahmen festzumachen sind.


    doch, irgendwie schon.


    wer über einen längeren zeitraum ständig 10mg no3 + 0,1 mg po4 misst, hat zumindest auf die wasserwerte gesehen, eine nährstoffreicheres wasser, als jemand, der nur die hälfte davon im becken nachweist.


    natürlich können diese werte nahe zum nullpunkt geführt werden, wenn über partikuläre stoffe etc. nahrung. den korallen zugeführt wird.

  • Hallo, Ina!


    Zitat

    Original von Mildred
    aber wie sieht denn Dein Fischbesatz aus?


    Geht so. Nicht viel "Großfisch" und insgesamt könnten auch mehr drin sein:
    1 Fuchsgesicht, 1 Borstenzahndoktor, 1 Kanarienlippfisch, 2 C.bispinosa, 3 Fahnenbarsche, 2 Occelaris, 2 Mandarins, 1 V.puellaris


    Zitat

    Vielleicht fehlen in Deinem knapp 1000 Liter fassenden Becken ein paar flossige Mitbewohner, die ordentlich hungrig sind. :grinning_squinting_face:


    Das hab' ich auch schon gedacht :winking_face: Allerdings hatten wir im 300er Becken eine Zeitlang sehr viele Fische (keine großen, aber insgesamt knapp 20 Stück), und am NO3 änderte sich auch damals nichts. Dass wir keine Zugaben zur Nährstoffreduzierung verwenden, brauche ich wohl nicht zu erwähnen :winking_face:


    Zitat

    Gegen unerwünschtes Algenwachstum setze ich auf ein ganzes Heer von Fressfeinden. Ich bin bei meinem Becken sehr auf eine hohe Artenvielfalt bedacht. Sowohl insgesamt als auch im Bereich der Algenfresser. Ich denke, das zahlt sich aus. Viele Nischen sind besetzt. Dadurch kann sich meiner Meinung nach, ein langfristig stabiles System austarieren, dass gut mit "höheren" Nährstoffwerten steht.


    Der Vollständigkeit halber hier mal eine kleine Auflistung meiner Algen- und Detrituscrew:
    - Tectus, Turbo, Engina, Nassarius, Babylonia, Mespilia, Percnon, Archaster, Lysmata debelius und amboinensis, Chlorodiella und verschiedene Einsiedler.


    Das ist sicherlich der richtige Ansatz und ich glaube, da müssen wir noch ganz schön nachbessern. Wenn es wärmer ist, gebe ich mal wieder eine Bestellung auf und ordere einige Schnecken. Vermehren sich bestimmte Arten bei dir besonders gut?

  • Zitat

    Original von Joe... wobei bei diesem ja auch noch der kohlenstoff mit angegeben wird.


    das können wir ja nicht messen.


    Gut, Joe, dass du das erwähnst - darauf hatte ich vergessen!


    Kohlenstoffmangel (in Relation zu Stickstoff und Phosphor) war in meinem Azoobecken offenbar die Ursache für die aufgrund der großen Futtermenge enorm hohen Nährstoffwerte. Die Redfield Ratio hat mich dann auf die Idee gebracht, dass die externe Zufuhr einer Kohlenstoffverbindung Sinn machen könnte, weil ich vergleichsweise nur wenige photoautotrophe Lebewesen im System habe, die Zucker und Stärke aus Kohlendioxid gewinnen.


    Ein Artikel auf Reefdreams zur Wodkamethode (der sich übrigens auf Arbeiten von Jörg Kokott und Michael Mrutzek zu dem Thema stützt) hat dann dazu beigetragen, dass ich Ethanol zu dosieren begann. Die Nährstoffwerte sind nach einer längeren Versuchsphase auf einem nach meiner Einschätzung vernünftigen Niveau gelandet und schwanken seither in nur geringem Maß.


    Wie gesagt: Darauf hat mich das Redfield-Verhältnis gebracht =)


    Nein, ich möcht euch nicht sekkieren, und ich versteh auch, dass viele kontroverse Diskussionen der Vergangenheit Allergien bei so Manchem ausgelöst haben. Aber mir hat Redfield im Verein mit Liebig ein paar nette Denkanstöße gegeben, die ich mir nicht madig machen lassen möchte.


    Ganz allgemein steh ich auf dem Standpunkt, dass Aquaristik nicht nach simplen Kochrezepten funktioniert, sondern eine recht komplexe Materie ist. Und je länger ich mich mit dem Thema beschäftige, desto mehr erkenn ich die Weisheit des Sokrates, wenn er meint: Ich weiß, dass ich nichts weiß.


    Liebe Grüße
    Linda

  • Linda,


    die Zudosierung von organischen C-Quellen wie Zucker, Zuckeralkoholen, Alkoholen oder Carbonsäuren hat aber nichts mit dem Redfield Verhältnis zu tun, da muss ich Dich enttäuschen :winking_face: Das Redfield-Verhältnis bezieht sich auf autotrophe Produzenten, nicht auf heterotrophe Konsumenten.


    Solche energiereichen Stoffen (s.o.) werden von heterotrophen Bakterien zur Energiegewinnung aufgenommen und veratmet. Autotrophe stellen photosynthese-gekoppelt solche Substanzen selbst her und veratmen sie genauso wie die Heterotrophen. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Aufbau von Biomasse. Bei der Veratmung von Zucker etc. entsteht wieder anorganischer Kohlenstoff (CO2), der wiederum neu über die Autotrophen fixiert und zu höhermolekularen organischen Molekülen assimiliert werden muss (über Photosynthese, oder z.B. Nitrifizierer über die Oxidation von anorganischen Stickstoffformen). Dass ist ein Teil des Kohlenstoffkreislaufs in der Natur.


    Im Meerwasser (ungleich im Süßwasser!) kann man durch das stabile Carbonatsystem einen Kohlenstoffmangel für die Autroptrophen (! und darum geht es hier) ausschliessen, Die 106 Kohlenstoffatome werden in marinen Systemen daher meistens vernachlässigt bzw. nicht angegeben.


    Aber, unabhängig davon, Deine Schlußfolgerung im Azoobecken war genau richtig: wenn es an Korallenbiomasse mangelt, die üblicherweise Nährstoffe aufnehmen kann, dann mußt Du die Populationen anderer Organismengruppen erhöhen, damit die diese Nährstoffe aufnehmen. Das macht man dann über die "Düngung" heterotropher Bakterien und deren abschliessenden Export über den Abschäumer. Das meine ich, wenn ich in Vorträgen oder Artikeln schreibe, dass man den "Nährstoffhaushalt ausbalancieren" muss.


    Jörg

    H Hersteller

    Einmal editiert, zuletzt von Joerg Kokott ()

  • Zitat

    Original von Joerg Kokott
    ... die Zudosierung von organischen C-Quellen wie Zucker, Zuckeralkoholen, Alkoholen oder Carbonsäuren hat aber nichts mit dem Redfield Verhältnis zu tun, da muss ich Dich enttäuschen :winking_face:

    Aber es hat mich auf die Idee gebracht =)


    Das ist halt eine Folge des angelesenen Halbwissens, das sich - siehe Sokrates - im Lauf der Zeit auf immer größere Nenner verringert.


    Zitat

    Aber, unabhängig davon, Deine Schlußfolgerung im Azoobecken war genau richtig ...


    Na, wenigstens :smiling_face:


    Wenn du wieder mal auf einen Vortragsbesuch nach Wien kommst lass mich's bitte vorher wissen.


    Liebe Grüße
    Linda

  • Hallo zusammen,


    zum Thema nährstoffreich - nährstoffarm habe ich hier mal ein paar grundsätzliche Überlegungen dargelegt. Die Physiologie von Korallen ändert sich auch in Aquarien nicht grundsätzlich aber Korallen sind ziemlich anpassungsfähig, auch wenn man sie mit anderen Wirbellosen des Korallenriffes vergleicht. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb sie als Aquarientiere so beliebt sind.


    Zum Redfield-Verhältnis hat Jörg schon einiges gesagt. Bakterien wie die von Jörg bereits erwähnten heterotrophen Bakterien haben engere N : P-Verhältnisse, eher zwischen 7 und 10 (molar), was umgerechnet auf Nitrat und Phosphat Gewichts-Verhältnisse zwischen 5 und 7 bedeutet.


    Hier habe ich auch schonmal die Abschäumung aufgegriffen, ein definitives abschließendes Ergebnis zum N : P-Verhältnis der Abschäumung fanden wir aber nicht. Denn letztlich sind doch die Nährstoffverhältnisse in einem Aquarium eine Frage von Import und Export. Auch die Frage der Nährstoffzufuhr habe ich dort schon angesprochen.


    Ganz wesentlich für den Phosphat-Import ist die Frage, habe ich einen Korallenkalk-Reaktor oder mache ich Balling. Während der Korallenkalk-Reaktor ständig Phosphat ins Becken bringt, normalerweise mehr als verbrauch wird, bringt Balling praktisch kein Phosphat in das Becken und somit auch weniger als verbraucht wird. Das ist sehr wesentlich für die Nährstoff-Bilanz.


    Was Fische angeht, kann ich sagen, dass auch die auf Nährstoffe im Wasser reagieren. Ein Fuchsgesicht war in einer Phase der Aminosäure-Zufuhr und daraus wahrscheinlich resultierender Phosphatlimitation deutlich nervös und schreckhaft. Ohne eine solche Zufuhr von organischem Stickstoff war es wesentlich ausgeglichener und zutraulicher. Vielleicht liegt das daran, dass auch Fische das Wasser für ihre Mineralstoffversorgung nutzen und beispielsweise einen Teil ihres Phosphatbedarfes aus dem Wasser decken.


    Stabilität ist sicher ein Wert an sich, denn, wie gesagt, Korallen sind sehr anpassungsfähig aber man sollte sie nicht überfordern. Stabilität gibt es aber auf sehr verschiedenen Niveaus. Man kann ein Aquarium auch im hohen Nährstoffbereich wie eine Achterbahn fahren oder im niedrigen Nährstoffbereich stabil.


    Die größte Umstellung sowohl für Fische wie auch für Korallen ist aber wohl Abbau und Neueinrichtung eines Beckens und ich denke, es wird sich erst noch zeigen, was auf die lange Sicht stabiler läuft. Aber vielleicht gibt es ja schon Erfahrungen dazu?


    Grüße


    Hans-Werner

  • Hallo zusammen,


    nochwas ist mir zum Thema nährstoffarm - nährstoffeich eingefallen.


    Vor ungefähr 15 Jahren hatte ich im Jura-Museum in Eichstätt zwei Becken mit sehr wenig Lebendgestein eingerichtet und von daher erst gar keine Kugelalgen oder andere lästige Grünalgen eingebracht. Die pflegte ich so, dass ich bis zu 20 mg/l Nitrat hatte und die Korallen phosphatlimitiert waren, weil letzteres der natürliche Zustand ist. Wenn die Korallen begannen oberseits aufzuhellen oder sonstige Anzeichen von ungenügenden Nährstoffen zeigten, fütterte ich die Fische mehr und/oder machte Wasserwechsel.
    Die Becken konnten trotz ihrer 20 mg/l Nitrat vom Aussehen her durchaus als nährstoffarme Becken durchgehen.
    --> Für Korallen und deren Aussehen ist praktisch alleine das Phosphat entscheidend, ob ein Becken nährstoffarm oder nährstoffreich ist.


    Versuche mit Aminosäuren in den letzten Jahren senkten in einer Versuchsanlage die Phosphatkonzentration soweit ab, dass Korallen bereits Schäden zeigten, Algen wuchsen hingegen gut. Andereseits kann man Stickstoff soweit absenken, dass es den Korallen gut geht, die lästigsten Algen aber kein Wachstum mehr zeigen oder sogar absterben.
    In einem anderen Becken im Jura-Museum machten wir eine Umstellung vom Fischaquarium zum Riffaquarium. Erst durch die Zugabe von organischen Stickstoffverbindungen wuchs ein üppiger Darmtang-Rasen. Phosphat war in diesem Becken immer reichlich vorhanden, Nitrat auch.
    Deshalb (und durch den Fischbesatz) gab und gibt es viele Korallenkalk-Reaktor-Becken, die kaum Probleme mit Algen haben obwohl die Phosphatversorgung üppig ist, was man den Korallen und deren Wachstum auch ansieht.
    --> Für Algen und deren Wachstum ist überwiegend Menge und Art des Stickstoffs entscheidend, ob ein Becken nährstoffarm oder nährstoffreich ist.


    Grüße


    Hans-Werner

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!