Welche Fische können wir glücklich halten?

  • Hallo Meerwasserfreunde,


    angefangen hat meine Meerwasserkarriere vor Jahren mit dem großen "Dr. Burgess's Atlas der Meerwasserfische". Fast sämtliche Arten sind dort in Fotos und kurzem Text beschrieben - von der Demoiselle bis zum Tigerhai. Neben Temperatur und Salinität wird bei jeder Fischart auch die Mindestbeckengröße angegeben. Dabei fällt auf, dass der Endgröße eines Fisches meist nur eine 0 angehängt wird, was dann der empfohlenen Beckengröße in Litern entspricht. So wird z.B. für einen Zebrasoma flavescens mit 15 cm Endgröße eine Beckengröße von 150 Litern empfohlen, für einen Zanclus cornatus mit 20 cm Endgröße eine Beckengröße von 200 Litern, usw.


    Aus heutiger Sicht sind solche Angaben unsinnig und haben mit artgerechter Haltung nicht viel zu tun. Doch was ist artgerechte Haltung? Sind wir überhaupt in der Lage, beispielsweise einem Zebrasoma flavescens eine Haltung zu bieten, die ihm über viele Jahre hinaus ein "glückliches Leben" ermöglicht? Gerade bei dieser Art konnte ich lernen, wie komplex deren Verhalten ist, und scheue mich nicht, diesen Fisch und sein Gefühlsleben mit dem eines Hundes gleichzusetzen.


    Selbst wenn wir nun großzügig sind und diesem "Hündchen" ein 2000 Liter-Becken gönnen, sind das gerade mal etwa zwei Quadratmeter Grundfläche. Und auf diesen zwei Quadratmetern muss dieser Fisch, im besten Falle pärchenweise, sein Leben fristen. Kennt bereits nach ein paar Tagen jeden Stock und jeden Stein, jeden Überhang und jede Koralle. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist für diesen Fisch alles nur noch eine einzige Wiederholung - Tag ein Tag aus. Mit der einzigen Abwechslung im Tagesablauf, wenn Futter ins Wasser fällt. Kann ein solcher Fisch, der zu Hunderten durch das Meer streift, sich unter derart beengten Umständen wirklich wohl fühlen? Und falls nicht, welchen Fischen können wir überhaupt ein "glückliches Leben" bieten?


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    Gruß, Thomas

  • moin thomas,


    ja, so war das damals...


    hab selbst noch im lehrgang zum § 11 bei weisskehldocs ne beckenlänge von 120 cm erlernt.


    mit erstaunen hab ich dann in foren immer die beiträge gelesen, wenn händler als verantwortungslos hingestellt wurden, beim verkauf von weissis in 450-liter-becken.


    meine ersten erfahrungen mit den gelben hatte ich ab ca. 1968 mit einem gelben im 240 literbecken - 1m20 lang.


    mit einigen wenigen beifischen, tlw. aus dem mittelmeer mitgebracht.


    bester fadenalgenwuchs dokumentierte eine ordentliche wasserqualität!


    später kamen noch zwei weitere gelbe dazu.


    hier auf der farm ist ein pärchen gelber im 1500-liter und eines im 4500-liter-becken.


    ein unterschiedliches verhalten zum 240-liter-juwel in den 60ern konnte ich nicht bemerken.


    vielleicht spielt mir aber auch die erinnerung einen strich durch die rechnung.


    trotzdem würd ich niemalsmehr einen gelben in 240litern pflegen wollen!


    die bilder aus dem riff zeigen in erster linie die notwendigkeit, futterplätze aufzusuchen.


    würden algen am standort in windeseile wieder spriessen, gäbe es keinen sinn, übers riff zur futtersuche zu ziehen.


    die löwengruppe döst und albert unter ihrem schattenspendenden wohnbaum und erst wenn der hunger nagt,


    beginnt die jagt, man muss sich zwangsweise bewegen, um an nahrung zu kommen.


    biete ihnen am wohnbaum täglich futter + wasser und sie bleiben.


    war auch tema bei unseren vorfahren vor beginn ihrer sesshaftigkeit.


    ob meine gelben docs glücklich sind oder früher waren....?!


    sind die docs im riff auf der ständigen kilometerlangen suche nach nahrung und der gefahr, gefressen zu werden


    glücklich?

  • Selbst wenn wir nun großzügig sind und diesem "Hündchen" ein 2000 Liter-Becken gönnen, sind das gerade mal etwa zwei Quadratmeter Grundfläche.

    Dem Schwein, das Du an der Theke gekauft hast, standen bis 110 kg nur 0,75 m2 zu ... :confused_face:


    Im Grunde stellt Joe die richtige Frage, ab wann macht es einen Unterschied? Wie kann man beurteilen, ob es dem Fisch egal ist, ob er in 200 l oder in 2000 l gehalten wird? "Artgerecht" ist tatsächlich eigentlich nur auf die Spezies bezogen, die im Aquarium gehalten wird, nicht auf die, die vor dem Aquarium sitzt. Es könnte also durchaus sein, dass das, was für die Spezies, die vor dem Aquarium sitzt, einen wesentlichen Unterschied macht, der Spezies im Aquarium herzlich egal ist.


    Wir verstehen die Ausdrucksmöglichkeiten der Fische nicht wirklich gut. Unsere geruchliche Wahrnehmung z. B., ist im Wasser praktisch nicht einsetzbar. Cortisolkonzentrationen wären ein objektives Maß, ich kenne aber leider keine entsprechenden Studien, die zeigen, wo für einen Fisch x oder eine Spezies y der Stress anfängt. Vielleicht will sich ja mal jemand auf die Suche begeben?


    Grüße


    Hans-Werner

  • Hallo Thomas!


    Du bist doch auch schon länger dabei.
    Hast Du zu den Fressschwärmen der Doktorfische noch nie einen Artikel gelesen oder einen Film gesehen?


    Die bilden doch den Schwarm aus oft verschiedenen Arten nicht weil sie ins das Nachbarriff zum Spielen schwimmen.
    Das ein Raubzug der aus Futtermangel begonnen wird!

  • Hallo Reinhard,


    die Frage sollte eher sein, wie halte ich meine Fische gesund? :smiling_face:
    Ja, Fische entwickeln in Gefangenschaft auch Stereotypen.
    Diese wiederkehrenden Verhaltensmuster überschneiden sich unter Aquarienbedingungen nicht selten mit den artspezifischen Mustern bzw. dem angeborenen Verhalten.
    Die angeborenen Verhaltensweisen sind häufig artspezifisch und laufen auch stereotyp ab.
    Fische brauchen Gesellschaft, an der sie sich abarbeiten können !!!
    Innerartlich, wie auch zwischenartlich.
    Grundbedürfnisse sind Nahrung und Fortpflanzung.
    Dazwischen spielt sich ihr ganzes Leben ab.
    Angeborenes Verhalten ist individuell unterschiedlich.
    Danach sollte man sich bei einer Zusammenführung der Arten richten.
    Hier werden die größten Fehler gemacht. Verhaltensstörungen sind daher nicht selten.
    Die Anpassung an den neuen Lebensraum ist wenig kompliziert und erzeugt nur Leidensdruck, wenn dem individuellen Raumangebot und einer angemessenen Vergesellschaftung nicht Sorge getragen wird.
    Natürlich steht immer die Frage nach dem "natürlichen Verhalten" im Raum.
    Meine Fische beschäftigen sich dauernd mit ihrer Umwelt.
    Manchmal auch mit mir. :smiling_face:
    Ich sehe eigentlich ein Verhalten ähnlich dem in ihrer natürlichen Umgebung.
    Obwohl auf ihren Wegen im Aquarium auch seltene stereotype Muster zu beobachten sind,
    möchte ich den Begriff der Langeweile diesem Verhalten nicht zuordnen .
    Gruß
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Hallo Joe,

    die bilder aus dem riff zeigen in erster linie die notwendigkeit, futterplätze aufzusuchen.

    das ist richtig. So wie z.B. auch Tiger und Eisbären in der Natur täglich riesige Gebiete durchstreifen auf der Suche nach Nahrung. Genau das wird in Zoos aber regelmäßig zum Problem, da diese Tiere ihre Verhaltensweisen dort aufgrund Platzmangels nicht ausleben können. Das Ergebnis sind dann Langeweile und Verhaltensstörungen.


    Wie kann man beurteilen, ob es dem Fisch egal ist, ob er in 200 l oder in 2000 l gehalten wird?

    Ist bei Fischen zuweilen schwer zu beurteilen, wenn sie nicht gerade die Scheiben monoton rauf und runter schwimmen. Ich würde die Frage daher anders stellen: Ist es überhaupt möglich, dass ein Fisch, der in der Natur riesige Gebiete durchstreift, sich in einer Pfütze wie einem privaten Aquarium wohl fühlt?


    Hallo Reinhard,

    Das ein Raubzug der aus Futtermangel begonnen wird!

    das ist richtig. Und genau an dieses Leben sind Doktoren eben angepasst. So wie auch wir täglich auf "Raubzug" gehen müssen, damit Geld aufs Konto kommt, aber vor allem damit wir beschäftigt sind. Gibt auch Menschen, die ähnlich wie Doktoren im Aquarium das nicht mehr müssen, entweder weil sie bereits Millionen besitzen oder auf Staatskosten leben. Doch brauchen auch solche Menschen eine Beschäftigung. Denn den ganzen Tag in der Hängematte liegen oder RTL schauen macht eher depressiv als glücklich. Warum sollte das bei Doktoren anders sein?


    Gruß, Thomas

  • Ist bei Fischen zuweilen schwer zu beurteilen, wenn sie nicht gerade die Scheiben monoton rauf und runter schwimmen. Ich würde die Frage daher anders stellen: Ist es überhaupt möglich, dass ein Fisch, der in der Natur riesige Gebiete durchstreift, sich in einer Pfütze wie einem privaten Aquarium wohl fühlt?

    Natürlich geht das. Natürlich kann ein Fisch sich in einer "Pfütze" wohl fühlen, der alleine aufgrund von Nahrungssuche sonst weite Gebiete durchstreifen würde, wenn nur die Bedürfnisse insgesamt angemessen befriedigt sind.


    Stell Dir vor, ich kenn' sogar eine Primaten-Spezies, die freiwillig aufgehört hat riesige Gebiete zu durchstreifen und sich praktisch rund um die Uhr in relativ kleinen und kleinsten Behältern und Käfigen aufhält, solange man für ausreichend Futter, Austausch und Zeitvertreib sorgt. Ein angehöriger dieser Spezies sitzt gerade vor einem Bildschirm und liest diese Nachricht.


    Gruß


    Hans-Werner

  • nun, um auf die frage zu antworten:


    ich bin glücklich bei der pflege meiner fische :grinning_face_with_smiling_eyes:


    langeweile kommt im becken höchstens auf - also nicht bei uns - wenn zuwenig fische im aqua gepflegt werden. :winking_face:
    quasi der gähnenden leere folgt gähnende langeweile.

  • Natürlich geht das. Natürlich kann ein Fisch sich in einer "Pfütze" wohl fühlen, der alleine aufgrund von Nahrungssuche sonst weite Gebiete durchstreifen würde, wenn nur die Bedürfnisse insgesamt angemessen befriedigt sind.

    Weite Gebiete zu durchstreifen auf der Suche nach Nahrung ist kein Bedürfnis? An diese Lebensweise ist ein Doktor nun mal evolutionär angepasst, nicht an ein Leben in einer Pfütze. In der er sich noch nicht mal fortpflanzen kann, was ja nun mal ein Grundbedürfnis jeder Spezies ist, zumindest der Liebesakt.


    Stell Dir vor, ich kenn' sogar eine Primaten-Spezies, die freiwillig aufgehört hat riesige Gebiete zu durchstreifen und sich praktisch rund um die Uhr in relativ kleinen und kleinsten Behältern und Käfigen aufhält, solange man für ausreichend Futter, Austausch und Zeitvertreib sorgt.

    Richtig. Nur welchen Zeitvertreib hat ein Doktorfisch in einem Glaskäfig? Auch diesem Traumkaiser im Düsseldorfer Löbbecke-Museum scheint es an Zeitvertreib zu fehlen ..


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    Gruß, Thomas

  • Hallo Thomas,


    ich glaube, Du setzt die Notwendigkeit in der Natur nach weitgestreckter Futtersuche mit einem Selbstzweck gleich. ich sehe das deutlich weniger verklärt. In der Natur machen die Doktoren dies vor allem, weil sie dazu gezwungen sind, denn sie müssen das Risiko, sich zu exponieren immer mit dem Gewinn durch die Futtersuche abgleichen. Aus der vertrauten Deckung zu gehen macht kein Futterfisch gerne.


    Dessen ungeachtet denke ich auch, dass zu einem zufriedenen Fischdasein mehrere Komponenten gehören: neben einem ausreichenden Raum für Bewegung auch eine passende Gesellschaft und eine Ernährung, die alle Bedürfnisse abdeckt.

  • Hallo Sandy,


    ich versuche die über Jahrmillionen entwickelten Bedürfnisse von Tieren nur möglichst realistisch einzuschätzen, um daraus Schlüsse für eine Haltung zu ziehen, die diesen Bedürfnissen möglichst gerecht wird.


    Ich denke gerade an Katz und Hund. Obwohl bereits seit Jahrtausenden domestiziert, brauchen diese Tiere selbst bei ausreichender Ernährung zusätzlich Beschäftigung. Ganz einfach deshalb, weil die Natur sie so gebaut hat, dass ihnen Beschäftigung, sprich die Futtersuche / Jagd, Spaß macht. Da kann Katz und Hund noch so gut genährt sein, wenn sie ein Mäuschen bzw. ein Häschen entdecken, werden die erst so richtig lebendig.


    Welche Beschäftigung wird nun z.b. einem Doktorfisch geboten, der in einem relativ sterilen Glaskasten von einem, vielleicht zwei Quadratmetern Grundfläche Jahr ein Jahr aus die Frontscheibe rauf und runter schwimmt?


    Gruß, Thomas

  • Und genau hier bin ich skeptisch, ob Deine Einschätzung wirklich realistisch ist, den weitläufigen Bewegungsdrang als Selbstzweck zu stilisieren. Grundsätzlich ist der Sinn der evolutionären Entwicklung die Erhaltung/Anpassung der Art und in zweiter Linie des Individuums.
    Ein Bewegungsdrang, der nicht dem Überleben dient, wäre teilweise eher kontraproduktiv. Auch die Rudelbildung der Docs im Fresschwarm dient dem besseren Schutz im Schwarm und nicht, um Formationsschwimmen zu üben.
    Welchen Sinn hätte ein unbändiges in der Gegend Schwimmen, wenn der Fisch keinen Hunger hat.


    Die höchsten Prioritäten des Doktors sind erst einmal Überleben: genug und das richtige zu Fressen, Schutz vor Feinden, Sicherheit in der Umgebung. Danach kommt Wohlfühlen in der Umgebung/Gesellschaft und erst danach dann "Freizeit und Hobby", Spiel- und Erkundungsdrang. Von daher ist in meiner Einschätzung dieser Bewegungsdrang und das weiträumige Herumstreifen im ausgedehnten Revier etwas, wozu ihn die Umstände zwingen, aber nicht etwas, was er freiwillig macht, weil es im Spaß bereitet und ohne das er sich nicht wohlfühlt.


    Es gibt mit Sicherheit auch Beobachtungen, welche meine Einschätzung relativieren, einige fallen mir sogar selbst ein wie der kleine Sechsstreifenlippfisch, der mein 2m-Becken winzig aussehen lies, weil er unermüdlich im gesamten Riff am Stöbern war.

  • Hallo Reinhard,


    schlechter Vergleich! Jeder, der mal an einer Weide vorbeilief wird wohl die Erfahrung gemacht haben, wie neugierig Kühe sein können und einen regelrecht verfolgen auf ihrer Seite des Zauns. :grinning_squinting_face:

  • Hallo zusammen!


    Einige Gedanken zur Pflege von Fischen:


    Es gibt Arten, die kann man im Aquarium halten, und es gibt Arten, da sollte man die Finger von lassen.
    Erfahrungen und Erkenntnisse von Pflegern von Korallenfischen sind wegen der vielen eine Rolle spielenden Faktoren, zu unterschiedlich, als dass man einen Fahrplan für die Pflege aller Arten haben kann.
    Beispielsweise wird der Leiter eines öffentlichen Schauaquariums mit seinen großen Möglichkeiten zu ganz anderen Urteilen über die Eignung eines Fisches für das Meerwasseraquarium gelangen als der Liebhaber, der sich nur am Feierabend mit seinen Fischen beschäftigen kann, zumal wenn er sich auch noch in seinen Mitteln beschränken muss.
    Bei der Wahl der Fische sollten wir ernsthaft prüfen, ob wir ihnen alles Lebensnotwendige bieten können und ob sie im Aquarium zueinander passen.
    Wir sollten ausnahmslos nur Fische halten, die zueinander passen und die wir wirklich über eine lange Zeit hinweg pflegen können!
    Es wäre verantwortungslos, ständig neuen Nachwuchs für sein Riffbecken zu kaufen.
    Wir müssen die Fische, die sich in unserer Obhut befinden, genau beobachten und solange wie möglich am Leben erhalten!
    Auf diese Art und Weise tragen wir am ehesten dazu bei, am Leben der Meeresfische teilzuhaben, über das die meisten leider noch viel zu wenig wissen.
    Der Begriff „Korallenfisch“ hat keine systematische Bedeutung.
    Wir fassen unter diesem Wort die Fische zusammen die, wie wir glauben, die von Korallen errichteten Riffe bewohnen und die auch sonst als „Aquarienfische“ im Handel zirkulieren.
    Wer sich mit Fischen beschäftigen will, der sollte auf die Körperformen achten.
    Daraus ergeben sich Hinweise auf den Lebensraum.
    Der Flavescens ist absolut kein Fisch des Freiwassers.
    Die abgeflachte Form seines Körpers deutet auf einen Riffbewohner hin, der sich vorzüglich auf engem Raum bewegen kann.
    Was nutzt ihm das im offenen Wasser?
    Nichts.
    Juvenile leben im oberen Riffabschnitt und verpieseln sich mit zunehmender Größe in untere Gefilde des Riffs.
    Ab einem gewissen Alter beginnt die Reproduktionsphase, in der sie in Gruppen zusammen sind.
    Es ist aber keineswegs so, dass sie weite Strecken im Freiwasser zurücklegen, wenn sie sozusagen genug Nahrung vor der Haustür hätten......
    Desgleichen im Aquarium.
    Ist es groß genug und ist der Bedarf an guter Nahrung geregelt, kann dieser Fisch sehr alt werden.
    Der Fisch ist fixiert auf Nahrung und Reproduktion.
    Das Durchstreifen der Korallenriffe dient nur dem Zweck des Futtertriebes und keineswegs der Erbauung.
    Warum ist der Flavescens so beliebt?
    Nicht nur wegen seiner auffälligen Farbe, sondern auch wegen seiner Robustheit.
    Ergo aquarientauglich!


    Gruß
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Grundsätzlich ist der Sinn der evolutionären Entwicklung die Erhaltung/Anpassung der Art

    Das ist richtig. Und das Ergebnis dieser Anpassung an den Lebensraum ist ein hochkomplexes Tier, das bestmöglich an seinen Lebensraum angepasst ist. Im Falle des Doktorfisches sind das die schier endlosen Korallenriffe im Meer, nicht die Miniriffe im Aquarium. Wie soll sich nun ein solches Tier in einem Glaskasten, das aufgrund seiner begrenzten Maße noch nicht mal eine Paarung zulässt, sich wohlfühlen können wie im Meer?

    Die höchsten Prioritäten des Doktors sind erst einmal Überleben: genug und das richtige zu Fressen, Schutz vor Feinden, Sicherheit in der Umgebung. Danach kommt Wohlfühlen in der Umgebung/Gesellschaft und erst danach dann "Freizeit und Hobby", Spiel- und Erkundungsdrang.

    Also ging es der Tochter vom Josef Fritzl eigentlich gar nicht so schlecht.


    Spaß beiseite .. Deine Abstufungen teile ich nicht, das eine bedingt das andere. Spiel - und Erkundungsdrang sind für Tiere die Voraussetzung, um überhaupt fressen zu können. Beispielsweise erkundet der Drückerfisch ja nicht misslaunig seine Umgebung und dreht Steine um, damit er sich endlich eine Krabbe zwischen die Kiemen schieben kann, und nach Feierabend spielt er dann hobbymäßig mit Steinen. Der Drückerfisch spielt den ganzen Tag lang mit seiner Umgebung, was ihm ein regelmäßiges Fressen erst ermöglicht.


    Gruß, Thomas

  • Hallo Thomas,


    vielleicht solltest du dir mal ein paar von Allen Thalers Veröffentlichungen zu Gemüte führen. Wenn jemand das Verhalten und die Gefühlswelt der Fische erklären kann, dann sie (nach @hajo natürlich!).


    Sie hat zum Beispiel herausgefunden, dass man die Stimmung eines Fisches an den Augen ablesen kann.


    Viele Grüße,
    Rüdiger

  • Hallo Rüdiger,

    werde ich machen. Hab mal vor Jahren in der Zeitschrift "Koralle" den ein oder anderen Artikel von der Dame gelesen.
    Gruß, Thomas

    Hallo Thomas,


    ehe du dir noch mehr Gedanken machst oder dir gar einen Wolf suchst, besorge dir besser das ausgezeichnete Büchlein "Doktorfische im Meerwasseraquarium" von Ellen Thaler, einer Autorität und Kennerin der Spezies Doktorfische.
    Hier wirst du unter anderem auch die Erklärung für das planlose Auf- und Abschwimmen an der Aquarien-Scheibe finden.
    Es ist keineswegs der Drang nach Freiheit und Weite.
    Es ist viel banaler.
    Die Ursache ist der Hunger!
    Doktorfische sind Dauerfresser!!


    Gruss
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Was mit zu dem Thema einfällt :


    Ich habe vor kurzen von 550 auf 1700 Liter vergrößert. (Unter anderem ist da auch ein Hawai-Doc umgezogen.) Von der Sekunde an wo die Fische in das größere Becken umgezogen sind haben sie ein komplett neues verhalten gezeigt. Viel natürlicher und differenzierter. Das war wirklich objektiv unübersehbar. Sie wirken auf jeden fall subjektiv glücklicher auf mich. Mittlerweile würde ich nennenswert große Fische in keinem deutlich kleineren Becken mehr halten wollen.

  • Hallo Hajo,

    Es ist keineswegs der Drang nach Freiheit und Weite.
    Es ist viel banaler.
    Die Ursache ist der Hunger!

    erst mal danke für den Tipp mit dem Buch. Hab gerade meine alten Koralle-Ausgaben durchstöbert, und in der Ausgabe 98 vom April 2016 hat die Frau Thaler einen Bericht über die Haltung von Hawai-Doktoren geschrieben. Darin schreibt sie ..


    "Zwar ist es durchaus zutreffend, dass ein satter Fisch weniger aggressiv ist als ein hungriger, doch ein voller Bauch stimmt nicht friedlich, wenn der Lebensraum zu klein ist."


    Gruß, Thomas

  • Hallo,


    wenn das evolutionär angepasste Verhalten so fest eingeprägt ist, weshalb lösen sich die typischen Schulen von Fischen in Aquarien so schnell auf, wenn in der vertrauten Umgebung eine Bedrohungssituation fehlt?


    Kann man daraus vielleicht sogar schließen, dass ein bisschen Langweile gar nicht so schlecht ist, dass sich z. B. ein Doktor in einer vertrauten Umgebung mit vertrauten Kollegen gar nicht so unwohl fühlt im Vergleich zu einem offenen Lebensraum mit potenziell ständiger Bedrohung.


    Für die bewusste Primaten-Spezies zumindest ist die Wahl klar, eines der Hauptmotive, sich in kleine Behälter zurückzuziehen, trotz evolutionärer Anpassung an offene Steppe und Savanne.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Hallo Hajo,

    erst mal danke für den Tipp mit dem Buch. Hab gerade meine alten Koralle-Ausgaben durchstöbert, und in der Ausgabe 98 vom April 2016 hat die Frau Thaler einen Bericht über die Haltung von Hawai-Doktoren geschrieben. Darin schreibt sie ..
    "Zwar ist es durchaus zutreffend, dass ein satter Fisch weniger aggressiv ist als ein hungriger, doch ein voller Bauch stimmt nicht friedlich, wenn der Lebensraum zu klein ist."


    Gruß, Thomas

    Hallo Thomas,


    wenn du schon zitierst, dann bitte auch richtig und auch nicht aus dem Zusammenhang gerissen.
    Der Autor ist nicht Ellen Thaler, sondern Scott Michael, ein anderer geschätzter Experte!
    Wenn du wiederholt auf die Groesse des Beckens abzielst, kann ich dich beruhigen. Diese Voraussetzung sollte unbedingt erfüllt sein.
    Darauf hatte ich bereits mehrfach hingewiesen.
    Wie du sicher auch gelesen hast, pflegte Scott seine adulten Flavescens in ca. 500 l! Juvenile Exemplare in knapp 300 l Becken.
    Logischerweise werden sich die zitierten Zeilen auf Beckengroessen unterhalb dieser Angaben beziehen. Sonst macht die Aussage keinen Sinn.
    Alle anderen erwähnten Beckengroessen beziehen sich auf das Verhalten in Gesellschaft mit mehreren Docs und deren aggressiven Verhalten untereinander. Die Revier-Aufteilung wird hier angesprochen.
    So sehr ich auch S. Michael schätze, bin ich doch für etwas mehr als 500l Freiraum für die Gelben. :smiling_face:
    Leider werden viele Fische im Aquarium ihre Endgroesse nicht erreichen, da sie bereits vorher irgendwelchen "Katastrophen" zum Opfer gefallen sind......
    Das ist kein Zitat. Das ist langjährige Erfahrung!
    Gruss
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Morgen Hajo,

    Der Autor ist nicht Ellen Thaler, sondern Scott Michael

    stimmt, hab grad nochmal nachgeschaut.

    Wie du sicher auch gelesen hast, pflegte Scott seine adulten Flavescens in ca. 500 l! Juvenile Exemplare in knapp 300 l Becken.

    Richtig. Er sagte aber auch, je größer das Aquarium desto besser. Bleibt halt die Frage, wie groß ein Aquarium nun sein muss, dass sich diese Fische über viele Jahre hinaus pudelwohl fühlen können. Kermit999 hat hier bezüglich der Beckengröße eine interessante Erfahrung geschildert.


    Morgen Hans-Werner,

    Kann man daraus vielleicht sogar schließen, dass ein bisschen Langweile gar nicht so schlecht ist, dass sich z. B. ein Doktor in einer vertrauten Umgebung mit vertrauten Kollegen gar nicht so unwohl fühlt im Vergleich zu einem offenen Lebensraum mit potenziell ständiger Bedrohung.

    das ist eine spannende Frage. Meine Theorie ist, dass eine Spezies auch an ein gewisses Maß an Angst evolutionär angepasst ist, und dieses Maß an Angst daher auch für ihr Wohlbefinden benötigt. Welchen Grund könnte es sonst haben, dass sich z.B. eine Primaten-Spezies freiwillig in Achterbahnen setzt, sich von Klippen stürzt, Horrorfilme schaut, sich vor Höllenfeuern oder dem Klimawandel gruselt?


    Gruß, Thomas

  • Meine Theorie ist, dass eine Spezies auch an ein gewisses Maß an Angst evolutionär angepasst ist, und dieses Maß an Angst daher auch für ihr Wohlbefinden benötigt. Welchen Grund könnte es sonst haben, dass sich z.B. eine Primaten-Spezies freiwillig in Achterbahnen setzt, sich von Klippen stürzt, Horrorfilme schaut, sich vor Höllenfeuern oder dem Klimawandel gruselt?

    Wenn dem so wäre, und man sich gerne in reale Gefahr begibt, warum dann nicht bei der Bundeswehr oder Feuerwehr melden? Es gibt sicher noch andere Jobs mit erheblicher realer Gefahr. Ich sehe nicht, dass man einer realen Gefahr den Vorzug gibt, es ist vielmehr die Illusion von Gefahr, die man vorzieht, wie Du schreibst, den Grusel. Hat vielleicht eher etwas mit Diskrepanz zu tun.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Morgen Hajo,
    stimmt, hab grad nochmal nachgeschaut.

    Richtig. Er sagte aber auch, je größer das Aquarium desto besser. Bleibt halt die Frage, wie groß ein Aquarium nun sein muss, dass sich diese Fische über viele Jahre hinaus pudelwohl fühlen können. Kermit999 hat hier bezüglich der Beckengröße eine interessante Erfahrung geschildert.

    Wenn wir davon ausgehen, dass 500 l, besser noch 700 l, die unterste Marke für diese Art sein soll, dann bleibt doch nach oben alles offen.
    Fisch und Pfleger hätten dann ihren Seelenfrieden.
    Fluchtdistanzen spielen eine grosse Rolle, deren Unterschreitungen gerade in kleinen Behältern bei Fischen Stress auslösen.
    Das ist natürlich von Art und Groesse verschieden zu bewerten.
    So gesehen ist man mit einem ausreichend grossen Behälter nie auf der falschen Seite. :smiling_face:


    Gruss
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • So gesehen ist man mit einem ausreichend grossen Behälter nie auf der falschen Seite.

    Hallo Hajo, hallo zusammen,


    ich hatte mal ein bisschen in der Literatur gesucht. Es gibt ein paar Untersuchungen, eine hatte auch das zum Ergebnis, eine andere zeigte, dass die Mortalität von der Behältergröße abhängt, wird der Fisch dann aber in einen größeren oder gleichgroßen Behälter umgesetzt, trat keine zusätzliche Sterblichkeit auf, unabhängig von der gleichen oder größeren Behältergröße.


    Allerdings hatte ich die Suche in keiner Weise gespeichert.


    Thomas, ich würde empfehlen, den Fischen ab und zu "Der weiße Hai" zu zeigen, und zu beobachten, ob sie auf die Illusion einer überstandenen Gefahr positiv reagieren, also z. B. vermehrt Paarungsaktivitäten oder besseren Appetit zeigen. Wäre natürlich besonders mit/bei frisch hinzugekommenen Fischen interessant.


    Also, nix wie ran ans Aquarium mit dem Bildschirm.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Hallo,

    Welchen Grund könnte es sonst haben, dass sich z.B. eine Primaten-Spezies (...) freiwillig vor dem Klimawandel gruselt?

    Tja, Thomas, das haben wohl alle Tiere dem Menschen voraus. Sie reagieren fast immer instinktiv richtig auf eine drohende Gefahr. Hätte der Hawaii Doc so ein sagenhaftes Gehirn wie unsere Art würde der eine oder andere vielleicht einfach mal so tun also ob der Hai gar nicht so gefährlich wäre, ja vielleicht gar nicht wirklich existiert.
    So schwamm er mutig ins Freiwasser und ward nicht mehr gesehen :winking_face:


    Ich finde dein Anliegen allerdings sehr gut, es gibt sicher viel mehr Beispiele von zu großen Fischen in zu kleinen Becken als anders herum. Ich lasse es im Zweifel mit dem jeweiligen Fisch, auch wenn es an der Grenze ist.
    Einzige Ausnahme bisher waren tatsächlich zwei Hawaii Docs (500 Liter Becken), leider zwei gleichgeschlechtliche, also blieb einer übrig. 500 Liter sind aus meiner Sicht wirklich die absolute Untergrenze.
    Ich habe mich da etwas überreden lassen vom Ladeninhaber. Eigentlich habe ich schon von mir aus gesagt, dass der Hawaii Doc mir etwas zu groß ist bzw. mein Becken zu klein. Aber der hat mich dann überzeugt, dass das kein Problem sei.
    Letztlich muss man sich aber selber informieren, da kann man die Schuld nicht bei anderen suchen. Wobei der Fisch gesund ist, gut frisst und sonst auch keine Anzeichen von Stress zeigt. Das Riff ist sehr offen, viele Höhlen und ein recht großer Schwimmraum. Aber er streift halt doch meistens sehr nah am Riff herum, bei der kleinsten Bewegung außerhalb des Beckens ist er sofort wieder im Riff und versteckt sich.
    Ich denke schon, dass er sich in einem größeren Becken mit einem Kameraden oder in einer kleinen Gruppe wohler fühlen würde.


    Auch so, fast vergessen: ich habe zwei Pseudochromis fridmani, noch aus dem alten Becken, die müssten nun fast 10 Jahre alt sein. Und bei denen habe ich wirklich gemerkt, wie sie vom 150 Liter Becken (Grenze im Meerwasserlexikon) ins 500 Liter Becken deutlich öfter zu sehen waren, interessierter wirkten und sich dann auch gepaart haben mit Gelege usw.
    Wirklich keinen Unterschied konnte ich bei den beiden Clownfischen feststellen. Die lieben einfach ihre Wirtsanemone (bei mir eine große Euphylia) und auch wenn die Dame öfters mal Streifzüge durch das Freiwasser macht, scheinen sie sich nur wirklich lokal in einem kleinen Gebiet wohl zu fühlen...



    Grüße


    Chris

  • Hallo Hajo, hallo zusammen,
    ich hatte mal ein bisschen in der Literatur gesucht. Es gibt ein paar Untersuchungen, eine hatte auch das zum Ergebnis, eine andere zeigte, dass die Mortalität von der Behältergröße abhängt, wird der Fisch dann aber in einen größeren oder gleichgroßen Behälter umgesetzt, trat keine zusätzliche Sterblichkeit auf, unabhängig von der gleichen oder größeren Behältergröße.


    Allerdings hatte ich die Suche in keiner Weise gespeichert.

    Hans-Werner, das erschüttert mich jetzt! Schwächelst du? Keine Nachweise? :grinning_squinting_face:
    Falls du die Quelle noch findest, ich wäre interessiert.


    Gruß
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Morgen Hajo,

    stimmt, hab grad nochmal nachgeschaut.

    Richtig. Er sagte aber auch, je größer das Aquarium desto besser. Bleibt halt die Frage, wie groß ein Aquarium nun sein muss, dass sich diese Fische über viele Jahre hinaus pudelwohl fühlen können. Kermit999 hat hier bezüglich der Beckengröße eine interessante Erfahrung geschildert.

    Nicht nur Scott Michael beschrieb das positive Verhalten in adäquaten Aquarien, sondern auch mehrfach Ellen Thaler.
    Ihre beiden verpaarten Flavescens leben über 20 Jahre in einem gut durchstrukturierten 700 l Becken und laichen seit 5Jahren!!! (Stand:2012).
    Allein das ist schon mal eine Hausnummer!!
    Mehr ist eigentlich zu diesem Thema nicht zu sagen.


    Gruss
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Hallo,


    abhängig wieder mal von Englischkenntnissen, könnte Ihr Euch ja mal diesen bereits erwähnten Artikel zu Gemüte führen. Ich habe heute mal etwas besser reingelesen, aber immer noch nicht genau durchgearbeitet. Wenn ich es soweit richtig verstanden habe, war nach der Überführung der Junglachse von 72 g Gewicht die Sterblichkeit gering, im niedrigen, einstelligen %-Bereich, sowohl wenn sie direkt in 0,9 m3 als auch wenn sie in 190 m3 Tanks gesetzt wurden.


    Wurden die Fische nach 1,5 Monaten im 190 m3 Tank in kleinere Tanks umgesetzt, war die Sterblichkeit, abhängig von der größe des Zieltanks, hoch. Wurden hingegen die Fische aus dem 0,9 m3 oder 3 m3 Tank in einen 3 m3 Tank umgesetzt, war die Sterblichkeit niedrig.


    Etwas unerwartetes und seltsames Ergebnis, das, sofern übertragbar, bedeuten würde, dass Fische von kleineren in größere Aquarien umgesetzt werden sollten und nicht umgekehrt. Freut Euch also, wenn Euer Händler eher kleine Becken hat.



    Hier eine umfangreichere Untersuchung zum Verhalten und Physiologie von Zebrafischen abhängig von der Aquariengröße.


    Nochwas: >>"tank size" +fish<< waren eine brauchbare Kombination von Suchworten bei Scholar.


    Grüße


    Hans-Werner

  • So schwamm er mutig ins Freiwasser und ward nicht mehr gesehen

    Tja, Chris, auch das Leben als Querdenker hat seine Tücken :winking_face:


    ich habe zwei Pseudochromis fridmani, noch aus dem alten Becken, die müssten nun fast 10 Jahre alt sein. Und bei denen habe ich wirklich gemerkt, wie sie vom 150 Liter Becken (Grenze im Meerwasserlexikon) ins 500 Liter Becken deutlich öfter zu sehen waren, interessierter wirkten und sich dann auch gepaart haben mit Gelege usw.

    Hätte ich nicht gedacht. Fridmanis sind ja nun wirklich zierliche Fischchen. Wenn selbst die sich erst ab 500 Litern richtig wohl fühlen, dann müsste man für eine optimale Haltung von Doktorfischen wohl mehrere tausend Liter rechnen.


    Gruß, Thomas

  • Hallo,


    zwei Sachen fand ich noch interessant bei meiner Literaturrecherche:


    - Wenn man Fische beispielsweise mit starkem Blaulicht stresst, steigt der Cortisolspiegel (Cortisol = Stresshormon) nur kurz an und fällt dann schnell auf das Normallevel zurück. Fische scheinen sich an manche Stressfaktoren ziemlich schnell zu gewöhnen, so dass sie, die Stressfaktoren, zumindest am Cortisolspiegel nicht mehr erkennbar sind.


    - Bei Fischen gibt es eine unterschiedliche Stressempfindlichkeit, je nachdem, welcher Selektionsdruck auf eine Population herrscht. Populationen unter einem hohen Prädationsdruck, also durch Fressfeinde, sind weniger stressempfindlich und auch generell wagemutiger. Irgendwie kennen wir das ja auch mit dem unterschiedlichen Verhalten, Empfindlichkeit und Futterwahl aus unterschiedlichen Herkünften.


    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, Fische sind, wie Menschen, Gewohnheitstiere. Speziell bei der Ernährung spielt Gewöhnung und ggf. Umgewöhnung eine große Rolle, z. B. Akzeptanz für neue Geschmäcker, Trockenfutter oder Medizinalfutter. Wenn ein Fisch also mal von einem bestimmten Futter, was aber gut für den Fisch sein sollte, nicht ganz so begeistert ist, nicht gleich klein beigeben, er muss sich wahrscheinlich erst dran gewöhnen. :smiling_face:


    Grüße


    Hans-Werner

  • Hallo Hans-Werner,

    Populationen unter einem hohen Prädationsdruck, also durch Fressfeinde, sind weniger stressempfindlich

    vielleicht ist das auch ein Grund, warum Diktatoren regelmäßig überaus empfindlich auf Kritiker reagieren. Diese Erfahrung hab ich übrigens auch bei SPS gemacht. Setzt man sie Stress aus in Form von Schwankungen der Wasserparameter in einem gewissen Rahmen, werden sie robuster. Hält man die Wasserparameter penibel konstant, werden sie zu Mimöschen.


    Gruß, Thomas

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!