Hallo,
die Diskussion hat interessante Ansätze. Aber leider auch nur Ansätze da es zu unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen gibt. Ein Gesamtbild oder echte Erkenntnis kann sich so leider nicht wirklich bilden.
Mir kommt es sogar teilweise so vor, als ob gewisse Leute von dem eigentlichen Thema (natürliches Meerwasser VS. künstlichem Meerwasser) ablenken, indem man auf die Versorgung des Aquariums eingeht.
Die Versorgung eines Aquariums ist aber ein komplett anderes Thema über dem man endlos diskutieren kann. Besonders dann, wenn vieles auf Vermutungen baut ohne z.B. echte Verbrauchskurven von einzelnen Elementen in einem Aquarium überhaupt zu kennen. So wird man nie weiter kommen. Und so (basierend auf Vermutungen) wird sich auch die Riffaquaristik nicht weiterentwickeln.
Für mich (als Hersteller) sind in erster Linie immer die Ergebnisse an den Tieren ausschlaggebend. Hier sehe ich es ähnlich wie Bernd Koberstaedt. Wenn sich dies dann mit theoretischem Wissen deckt, umso besser. Aber ich fange doch nicht umgekehrt mit Überlegungen an und experimentiere hier endlos welche Wasserwechselmethode oder andere Versorgungsmethode oder Mittelchen nun erfolgreich sind. Diese Ergebnisse wäre nie reproduzierbar, da jedes Becken andere Verbraucher etc. hat.
Man muss sich an den echten Bedarf der Korallen orientieren. Das habe ich z.B. schon immer bei dem Thema Licht gemacht und sollte bei dem Thema Wasser nicht anders sein.
Dazu vielleicht mal ein kurzes Beispiel:
Es kann durchaus sein das eine Lichtquelle x 30% mehr Licht als eine Lichtquelle y erzeugt. Das heißt aber noch lange nicht das die Lichtquelle x automatisch besser für Korallen ist und für uns auch wirtschaftlicher. Diese rein technische Betrachtung bringt uns nichts, wenn die Korallen dieses "mehr" an Licht nicht auch verwerten können. Wenn z.b.Lichtquelle x sehr gerichtetes Licht abgibt, wodurch sich die Korallen stärker abschattet, kann sie mit ihrem Gewebe nicht mehr Licht absorbieren und der "technische" Vorteil verpufft, da es biologisch nicht verwertet werden kann.
Das gleich gilt auch bei dem Wasser (im übertragenem Sinne). So ist ein Wasserwechsel von 10-20% rein rechnerisch sicherlich besser, aber ich erzeuge hierdurch jedesmal einen "Eingriff" in die "Kontinuität" meines Aquariums. Mit jedem Wasserwechsel fällt der Redoxwert kurz deutlich ab. Das frisches Meerwasser auch eine gewisse "Agressivität" hat, dürfte ebenfalls bekannt sein. Daher kann auch hier die "Tröpfchenmethode" biologisch besser sein, als es die 10-20% rechnerisch bessere Wasserwechselmethode theoretisch wäre. Dies aber mal nur als Anmerkung von mir dazu...
Die eigentliche Herausforderung ist hier immer "übergreifend" zu denken...(IMMO)
Aber zum eigentlichem Thema:
Als Anbieter von natürlichem Meerwasser habe ich mich bewusst hier erstmal raus gehalten. Denn wenn man sich mit diesem Thema ernsthaft beschäftigt, müsste man auch die "Grenzen" des künstlichem Meerwasser deutlich aufzeigen. Es wäre schön, wenn wir natürliches Meerwasser in der gesamten Komplexität und alles Aspekten nachbilden könnten. Doch das ist leider nicht so. Und jeder, der etwas anderes behauptet macht sich selber etwas vor oder hat bestimmte Interessen dies zu behaupten. Viel mehr stößt man immer wieder an physikalisch-/chemische Grenzen. Schon beim Lösungsprozess von Salz in Wasser finden immer heftige chemische Reaktionen statt. Das die so entstandene Matrix etwas völlig anderes ist, als das millionen Jahre "gereiftes" echte Meerwasser, sollte jedem klar sein. Das es mit künstlichem Meerwasser trotzdem gut funktionieren kann, steht außer Frage. Doch ist dies eher ein Ergebnis der Anpassungsfähigkeit und Toleranzen unserer Pfleglinge und nicht ein Ergebnis der perfekten Nachbildung von natürlichem Meerwasser. Dies machen genauere Analysen auch immer sehr deutlich. Vielleicht kann uns Armin Glaser hierzu etwas sagen, da ich Ihn als neutrale, kompetente Kraft in diesem Forum sehe.
So hat Armin z.b. gesagt das es sträflich wäre, wenn ein Salzhersteller nicht die genauen "Zielwerte" von Brom und Bor treffen würde, da dies technisch möglich sei. Wenn ich mir jedoch die Ergebnisse der mir vorliegenden Untersuchungen anschaue, kommt nicht ein einziger (mir bekannter) Hersteller an die exakten Zielwerte (inkl. unserem eigenem Salz) heran. Weitet man dies noch auf andere Elemente wie Fluor, Iod aus, werden die Unterschiede zu NSW immer deutlicher. Von den Spurenelemeten mal ganz abgesehen. Und um eines mal ganz deutlich zu sagen: Wir vertreiben selber Meersalz mit akzeptablen Erfolg und ich möchte hier das "Meersalz" insgesamt nicht schlecht Reden. Aber es gibt nun mal auch Grenzen, die man auch mal benennen sollte. "Schönreden" oder gewisse Dinge unter dem Tisch fallen lassen, bringt uns nicht wirklich weiter.
Ein weiterer Aspekt ist die "Reinheit" des typ. käuflichen Meersalzes. Peter Gilbers hat hier mal etwas zum Thema Magnesiumchlorid erarbeitet. Da Magnesiumchlorid in nicht unerheblichen Mengen in der Salzmischung enthalten ist, macht sich die Qualität hiervon auch deutlich bemerkbar. Kaufe ich 100 Tonne gute technische Qualität, habe ich eine Preis x. Kaufe ich dieses Magnesiumchlorid aber in Lebensmittelqualität (E511), was eigentlich anzustreben wäre, müsste man schon den dreifachen Preis dafür bezahlen. Kaufe ich es dann noch in Analysequalität (höchste Reinheit) ist man schon locker bei dem 10-fachen Preis. Ein so hergestelltes Meersalz wäre unbezahlbar und wesentlich teurer als NSW. Doch so weit müsste man fast gehen, um z.b. nur die Reinheit von NSW nachahmen zu können.
Ein weiterer Aspekt ist die Kontinuität: Während man bei NSW nahezu alle Elemente in einer sehr gleichen Konzentration (+-2%) vorfindet, ist dies bei künstlichem Meerwasser immer gewissen Schwankungen unterworfen. Diese Schwankungen sind zwar ebenfalls kontrollierbar, aber es gibt nun mal immer leichte "Chargen-schwankungen", was mit dem "Ausgangsstoffen" und der Herstellungsprozess selber zu tun hat.
Dies muss keineswegs dramatisch sein, aber bei unseren Analysen von NSW ist immer wieder aufgefallen, das es hier kaum Schwankungen gibt. Ich schreibe diese minimalsten Schwankungen sogar eher den Toleranzen in der Messungenauigkeiten zu. Vergleicht man dies aber mit künstlichen Meerwasser ist die Bandbreite der Schwankungen um ein vielfaches höher. Auch dies muss nicht zwingend negativ sein, aber es ist nun mal auch ein nachmessbarer Effekt.
Wie gesagt, wir vertreiben selber Meersalz und ich möchten das Meersalz als preiswerte Methode für die Riffaquaristik nicht schlecht reden. Aber es gibt nun mal auch Grenzen. Neben diesen ganzen "technischen" Betrachtungen kommt nun eigentlich der Faktor, der uns am meisten so positiv für das NSW gestimmt hat:
Wir konnten an unsern eigenen Becken bei einem Wasserwechsel mit NSW immer einen positiven Effekt sehen, den wir anfänglich nicht wirklich erklären konnten. So fingen grabende Seesterne an aktiv zu werden, Polypen expandierten etwas stärker usw. Diese kurzfristigen Effekte tauchten mehr oder weniger immer auf. Auch an verschiedenen Becken. Meist legt sich dieser kurzfristige Effekt schnell wieder, da die Abschäumung hier regulierend eingreift. Trotzdem gibt es aber auch langfristige Effekte, die zumindest aus unserer Sicht die Entwicklung eines Beckens deutlich verbessern können. So steht unser großes Schaubecken z.b. deutlich besser als noch vor einem Jahr, wie man an diesem Video (nur mit I-phone gemacht) vielleicht sehen kann : https://www.youtube.com/watch?v=9GNAukNpzck
Es gibt also mehrere Wege, die zum Ziel führen. Aus unserer Erfahrung ist der Weg mit NSW zwar kostenintensiver aber auch sehr erfolgsversprechend. Wenn es um das Thema "Optimierung der Pflegebedingungen" geht, ist dies in unseren Augen eine Möglichkeit die besonders für kleinere Aquarien sehr interessant seien sollte.
Gruß
Oliver