Guten Morgen Jannes,
es gibt tatsächlich auch noch ein aquaristisches Leben außerhalb des Internets? Das scheint mir wirklich entgangen zu sein.
Auch wenn ich erst seit Ende 2006 hier herumgeistere, MW Aquaristik betreibt mein Mann seit 1994 oder 95 (ich vergesse das genaue Jahr leider immer wieder) und ich bin 1998 nach unserem Kennenlernen dazugekommen. Wenn ich also von irgendwelchen No-Gos und gefühlten Veränderungen rede, meine ich damit keineswegs nur die Reaktionen innerhalb dieses Forums und nur während meiner Zeit hier. Ich betrachte mich deshalb aber ganz sicher nicht als alten Hasen und wenn man mal in den ganz alten Beiträge von 2002 liest, was ich übrigens jedem mal empfehlen möchte, sieht man auch, dass es das Bewusstsein für diese Problematik schon sehr lange gibt. Peter Schmiedel schreibt zum Beispiel, dass er bereits vor 20 Jahren (heute sind es dann 30 Jahre) die MW-Aquaristik aufgegeben hat, weil ihm die technischen Möglichkeiten damals nicht gereicht haben für eine halbwegs naturnahe Pflege. Sehr gefallen haben mir auch Beiträge eines gewissen Klaus Schatz und Ralph D. Huber hat ja geradezu gekämpft, um seine Meinung diesbezüglich zu vertreten. Das sind aber beileibe nicht die einzigen, die ungenannten mögen mir an dieser Stelle verzeihen. Schade ist nur, dass solche Diskussionen (und schlußendlich auch Erkenntnisse!) quasi im stillen Kämmerlein vonstatten gehen. Logisch, in einem Forum tummeln sich eben nur die von Haus aus, sagen wir mal etwas ernsthafter Interessierten, die breite Masse bekommt davon nichts mit.
Früher (aus pers. Erfahrung kann ich wie gesagt nur von 12 Jahren sprechen, aber das geht wie man sieht natürlich noch Jahrzehnte weiter zurück) ging es der "großen Aquarianerallgemeinheit" im Prinzip doch eigentlich nur um eins: Wie lange wird dieser Fisch in meinem Becken überleben? Allerdings nicht im Sinne der verhaltens- bzw. artgerechten Pflege zum Wohl der Fische, sondern eher zum Wohl des eigenen Geldbeutels, damit man nicht alle paar Monate neu kaufen musste. Die Fragen waren zwar die gleichen (frisst das Tier, ist es krankheitsanfällig, verträgt es sich mit meinem anderen Besatz) aber eben nicht in erster Linie aus Sorge um das Tier. Die Tiere waren mehr Trophäen denn Individuen, beliebig austauschbar und ersetzbar. Eben nur ein teil der Deko. Ich nehme mich davon gar nicht aus, auch bei mir hat es gedauert bis ich umgedacht habe, sind doch schließlich "nur" Fische.
Und das, so finde ich, hat sich schon geändert in den letzten Jahren. Wir haben sowas wie ein aquaristisches Gewissen entwickelt und verheizen unsere Tiere nicht mehr einfach nur so. Da ist es wieder: Aus "den Fischen" sind "unsere Tiere" geworden. Das Signal leuchtet immer noch rot, keine Frage, aber eben nicht mehr ganz so dunkelrot wie "früher". Natürlich täuscht das nicht über die Problematik hinweg die ich oben schon angesprochen habe, die breite Masse ist eben nicht greifbar und kann somit nicht sensibilisiert werden. Somit bleibt uns doch nur das, was ich im letzten Beitrag meinte: Man muss so viel es geht darüber schreiben, reden, diskutieren und es natürlich vorleben und das immer und immer wieder.
Zitat
solange Leute, die einen einzigen 200l-Würfel mit mehreren Docs betreiben, in Süßwasserforen fleißig für die Meerwasseraquaristik werben, ist da in der Tat auch keine Besserung in Sicht.
Das sehe ich genau anders herum. Solange wir nicht noch mehr und noch lauter versuchen das Gegenteil von dem zu beweisen, wofür diese Leute stehen, wird es tatsächlich nicht besser. Nur weil es Gegenwind gibt drehe ich mich doch nicht um und laufe mit dem Strom in die andere (verkehrte) Richtung. Außerdem hast Du einen Satz vorher noch geschrieben, dass sich der Großteil der Leute eben nicht durch Aussagen im Internet beeinflussen lässt, weil sie eben nicht dort unterwegs sind. Nein ist schon klar was Du damit sagen willst, aber es ging hier ja auch um meine Aussage dass Docs in 200 Litern nicht mehr populär sind. Interessant ist, dass fast zeitgleich wieder so ein Thread zu dem Thema auftaucht. Aber an den Reaktionen sieht man sehr deutlich dass es nicht mehr so hingenommen wird, wie noch vor einigen Jahren und das lässt mich persönlich hoffen. Die Argumente für eine Massenhaltung sind aus heutiger Sicht mehr als schwach, werden nicht besser und sind immer die gleichen. Und eigentlich finde ich es sogar irgendwie lustig zu lesen dass dann immer wieder dieses "Nun hört mal auf, das nervt!" kommt. Man solle "die Leute" nicht zusammenstauchen und es gehe ja schließlich nicht um den Doc sondern um irgendwelche anderen Fragen. Immer dieses Flehen doch bitte endlich das Thema zu wechseln. Aber genau das sollten wir eben NICHT tun. Ich glaube beim nächsten Mal werde ich einfach mal schreiben: "Nun hört mal auf, das nervt, immer dieser Fehlbesatz!"
Ich bin sicher nicht militant orientiert was das ganze Thema betrifft und habe auch so meine "Verfehlungen" zum Beispiel in Form eines Fuchsgesichtes von mittlerweile 15 cm umherschwimmen. Aber im Gegensatz zu den scheinbar Unbekehrbaren weiß ich dass ich ihn nicht auf ewig pflegen kann, leider. Deshalb habe ich über Monate tagtäglich eine halbe Stunde lang die Hand mit einem Algenfetzen in das Becken gehalten und das ultraschreckhafte "Vieh" dadurch so handzahm bekommen, dass ich ihn mittlerweile sogar streicheln kann. Gehört sich nicht, weiß ich, aber wenn er denn mal abgegeben werden muß, bekomme ich ihn so auch endlich aus dem Becken. Durch den Umbau allerdings sind mehr als die Hälfte des alten Aufbaus rausgeflogen und tatsächlich sind jetzt 80% der 450 Liter Schwimmraum. Ich hoffe ich kann den Zeitpunkt so noch ein Jahr hinauszögern. Nungut, das nur so am Rande, quasi zur Entspannung.
Zu den zebrasoma wollte ich noch was loswerden. Es ist ja nicht nur so dass nicht alle für den deutschen Markt sind, sondern dass noch lange nicht alle lebend hier ankommen und auch nicht alle in den MW-Läden landen, ein Großteil ist doch sicher auch für öffentliche Aquarien. Deshalb können wir uns den Schuh nicht komplett anziehen, trotzdem ist die Zahl an sich natürlich schockierend hoch und ich kann mir die Menge übers Jahr gerechnet noch nicht einmal bildlich vorstellen, was bei mir was heißen will. Bedauerlich dass solche Zahlen nicht wirklich publik gemacht werden.