• Hallo Jörg,


    habe eine Frage zu den Pellets. Beseitigt eigentlich der Pelletsfilter selbst NO3+PO4 oder werden diese beiden erst dadurch beseitigt, daß das aus dem Pelletsfilter auslaufende Wasser in den AS gelangt und durch Abschäumung entfernt werden?


    Gruss Wolfram

  • Hallo Wolfram,


    die Pelletfilterung ist zwar praktisch gesehen sehr einfach, inhaltlich aber sehr komplex.


    Es ist durchaus so, wie Du schreibst, dass wir in der Riffaquaristik das Material nutzen, um Bakerienbiomasse aufzubauen, wobei im Wasser gelöstes anorganisches Nitrat und Phosphat in Biomasse umgewandelt wird. In der Industrie werden die Pellets aber auch als immobilisierte Phase in den dortigen Filtereinheiten als Denitrifikationsfilter betrieben, das bedarf allerdings einer effektiven Kontrolle der Umgebungsbedingungen (Durchfluß, Sauerstoffgehalt, etc.).


    Im Aquarium findet je nach Art und Herstellung der Pellets v.a. aerobes Bakterienwachstum in den Biofilmen auf den Pellets statt. Die Biofilme reiben sich ab und werden vom Abschäumer entfernt, das entspricht wiederum dem Funktinosprinzip der Zeolithfilterung.


    Man kann die Pellets auch so produzieren, dass es zu einer Denitrifikation im Inneren kommt, hier ist aber z.B. die Durchflusskontrolle sehr schwer, und in der Regel kommt es bei einem durchflussbedingten Nitratmangel zu einer Sulfatreduktion, die wiederum die Pellets zerstört. Daher haben die Pellets in der Riffaquaristik durch die Auswahl bestimmter Bioplastikmaterialien und einer anderen Herstellung eine harte Konsistenz, um genau diesen Effekt möglichst zu verhindern.


    Ich selbst biete keine Biopellets an, was aber nicht daran liegt, dass das Prinzip nicht funktionieren würde. Das tut es durchaus. Allerdings entspricht es nicht meinem Konzept, eine hohe Artenvielfalt zu erreichen, weil die Bakterien im Pelletfilter sehr massiv insbesondere in den Mikronährstoffhaushalt eingreifen, und man aufgrund der Dominanz der Pelletbakterien eine Schwächung der übrigen Mikroflora prinzipiell nicht ausschliessen kann, zumindest auf lange Sicht.


    Grüße
    Jörg

  • Hallo Jörg,


    d.h. bei einer ev. Nährstofflimitierung durch die Pellets könnte man in der Weise regelnd eingreifen, ohne am Pelletsfilter was zu ändern, das man die Abschäumleistung, z.B. durch zeitliche Begrenzung der Einschaltdauer pro Tag, ändert?
    Diese Möglichkeit wäre meiner Meinung nach einfacher, als am Pelletsfilter irgendwelche Änderungen durchzuführen.


    Gruss Wolfram

  • Das ist gar nicht so einfach zu diskutieren, weil man nicht für jedes Aquarium einheitlich beurteilen kann, welches Schicksal die ausgeschwemmten Bakterien ereilt. Daher weiß man auch nicht, was mit den gebundenen Nährstoffen passiert.


    Zunächst einmal wäre ich froh, wenn möglichst alle ausgeschwemmten "Pelletbakterien" vom Abschäumer erfaßt werden, damit der ökologische Druck auf die übrige Bakterienflora im Aquarium nicht zu hoch wird. Weil das in meinen Augen ein Problem ist, wenn im Pelletfilter der Durchfluss zu stark und der Biofilmabrieb proportional zu hoch ist.
    Es wird sicherlich von den Herstellern/vertreibern von Pellets argumentiert, dass diese Bakterien im Rahmen der heterotrophen Korallenernährung als Nahrungspartikel fungieren. Falsch ist das nicht, aber es ist sehr einseitig betrachtet. Man darf nämlich nicht vergessen, dass die ursprünglich auf der immobilisierten Kohlenstoffquelle (pellets) herangewachsenen Bakterien nicht zwangsläufig im Bakterioplanktonstadium verweilen. Das wird meistens gar nicht diskutiert. Die meisten Leute verwenden hier den Terminus "Bakterioplankton", aber ich gehe stark davon aus, dass sich die abgeriebenen Bakterien extrem schnell wieder versuchen anzusiedeln, weil es sich um substratliebende Bakterien handelt. Die Korallen werden also vielleicht gar nicht so stark von dieser zusätzlichen Ernährung profitieren. Da wir jedoch nicht wissen, um welche Bakterien es sich überhaupt handelt, ist das alles sehr spekulativ.


    Nichts desto trotz, wenn Du, wie Du es in Deiner Frage formuliert hast, einen akuten Nährstoffmangel betrachtest, dann wird die Reaktion des Aquariums auf eine bewußte Ausschwemmung von Bakterien ins Hauptbecken zum Nitrat/Phosphat-Recycling weitaus langsamer und ineffizienter sein, als wenn Du direkt am Pelletfilter die Bakterienbildung an sich reduzierst. Im akuten Mangel musst Du schnell handeln, und kannst nicht darauf warten, bis die in Bakterienbiomasse eingebauten Nährelemente Stickstoff und Phosphat wieder in die anorganischen Formen Ammonium und Phosphat mineralisiert sind.


    Unabhängig davon, ohne eine kontinuierliche Kohlenstoffzufuhr im Aquarium selbst, werden diese ausgeschwemmten Bakterienpopulationen schnell wieder absterben. Die in der Biomasse gebundenen Nährstoffe werden entweder mineralisiert (d.h. wieder in Nitrat und Phosphat rückgewandelt), oder (und das wäre wünschenswert) diese Bakterien würden dazu beitragen, dass sich eine artenreiche Mikrobenfauna entwickeln würde, die diese Bakterien abgrast. Hier durchlaufen die Nährstoffe dann eine Nahrungskette und werden früher oder später wieder als Nitrat und Phosphat vorliegen. Das wird in jedem Aquarium anders sein.


    Durch eine Ausschwemmung von Bakterien aus dem Pelletfilter steigt im Hauptaquarium auch der biologische Sauerstoffbedarf, was das Redoxpotential beeinflußt und sehr schnell gerade in strömungsarmen Ecken im Aquarium zu einer akuten sauerstoffarmut führen kann.


    Ich würde also generell dazu raten, immer nur den Pelletfilter als Regeloption einzusetzen, und nicht die Abschäumung, insbesondere um eine potentiell negative Beeinflussung der Mikrobiologie im Hauptbecken minimieren zu können.


    Gruß

    H Hersteller

    Einmal editiert, zuletzt von Joerg Kokott ()

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