Biofilter/Nitratschleuder/Überfilterung

  • Hallo,


    In der Süsswasseraquaristik spricht man in der letzten Zeut gelegentlich von einer
    Überfilterung vieler Aquarien. Damit meint man, daß die Nährstoffe des Stickstoff-
    kreislaufes zu schnell in Nitrat überführt werden und die Zwischenprodukte wie
    Ammonium/Ammoniak/Nitrit den Pflanzen nicht mehr in ausreichender Menge zur
    Verfügung stehen. Diese Zwischenprodukte (unterhalb der Nachweisgrenze)
    sollen von den Pflanzen leichter aufgenommen werden können als Nitrat.


    Kann ich diese Argumentation analog für die Seewasseraquaristik und Korallen
    übernehmen?????


    Das wäre dann ja ein weiteres Argument gegen blaue Filterschwämme.


    Ulrich

  • Hallo Ulrich :smiling_face:


    Im Seewasser hat man auch vor längerer Zeit erkannt das Rieselfilter (auch Biofliter zum Teil) ein Problem verursachen können. Das ist hier folgendermassen gelagert.


    Oft wurden früher System wie dieses folgende gebaut:


    Aquarium, mit Ablaufschacht... darin Biobälle oder Igel wie auch immer. 1stes Abteil Unterbecken wieder Bälle, zweites Abteil manchesmal auch, 3te Kammer dann der Abschäumer.


    Durch das passieren des Wassers über die Bälle beginnen aber die Abbaustufen (ammoium-ammoniak zu nitrit zu nitrat. Da der Abschäumer als letztes steht bekommt er dann Wasser wo letztlich alles schon umgewandelt ist. Und Nitrat kann er nicht erfassen. So stieg nachfolgend dann bei vielen der Nitratwert an, da sich dieser in den System nicht mehr umwandeln lies. (Enstufe Nitrat)


    Folge war oft ein Nitratfilter,. um eben genau das zu entfernen was man sich selbst gemacht hat. So sollte man jegliches Filtermaterial oftmals reinigen um eben Biologisches zu verhindern, vor allem dann wenn ein Abschäumer dahinter steht. Besser ist noch auf die ganzen filtersachen verzichten und die die man noch hat mind. 1 mal di Woche gut zu säubern. Dann kommt es nicht zu anreicherungen!


    Abschäumer sollte immer das Wasser belastet bekommen


    Also um auf die Frage zu kommen, blaue Filterwatte an sich okay, wenn sie regelmässig sauber gemacht wird... Je weniger Schwamm desto besser...

  • Danke für Deine Antwort Robert,


    was ist aber jetzt mit meinem Vergleich der Pflanzen mit den Korallen?
    Sind die Korallen genauso auf die Zwischenprodukte wie Ammonium
    und so weiter angewiesen, oder sieht es da etwas anders aus?



    Ulrich

  • Hallo Ulrich :smiling_face:


    Ja sicher gehört das letztlich mit dazu... Ich bin sicher das eben der Kreislauf (Tiere fressen und geben wieder was ab) enorm wichtig ist. Würde ncihst mehr nachkommen verhungern die Tiere dann bzw. bekommen Probleme


    Nitrat wird kaum aufgenommen, Phosphat zum Beispiel schon.
    Gute Beispiele sind vielleicht die Berichte wo Ammoniumchlorid bei sehr geringen Närhstoffwerten sofort geholfen hat das Korallen besser standen und Farbe bekommen haben...


    Da der Jörg Kokott gerade "Foren-Urlaub" hat muss ich dich verströsten, bis er wieder reinschauen kann wird noch eine Zeit vergehen.


    Er hat erst in der Koralle 7 Teile nur über die Korallenphysiologie geschrieben in denen alles wesentliche drinn steht. Er kann Dir das supergut erklären :smiling_face: ich tu mich damit ein wenig schwer.
    Und mir fehlt ein wenig die Zeit in den Zeitschriften nachzulesen. Denn das ganze ist so komlex das ich nicht einfach was schreiben will.


    Ist nicht wirklich mein Gebiet...

  • Hallo Ulrich,


    da mich Robert heute persönlich auf diesen Beitrag aufmerksam gemacht hat, unterbreche ich meinen Forenurlaub (der eh so gut wie vorbei ist) und schreibe etwas zu Deinen Fragen.


    Prinzipiell hat Robert schon Recht, dass alle Deine Fragen in der 7teiligen Artikelserie über Nährstoffe in der KORALLE beantwortet werden.


    Sowohl Ammonium, Nitrit als auch Nitrat sind potentiell nutzbare anorganische Stickstoffformen, die von photosynthetisierenden Pflanzen und Bakterien aufgenommen und verwertet werden können, also analog wie im Süßwasser.
    Es ist schon richtig, dass Ammonium aufgrund der reduzierten Forum des darin enthaltenen Stickstoffes leichter für die Ainosäuresynthese verwertet werden kann, wohingegen Nitrat mit seinem oxidierten Stickstoff erst energieaufwändig reduziert werden muß. Aus diesem Grunde verwende ich in den meisten Fällen bei einer akuten Stickstofflimitierung Ammoniumchlorid bevorzugt vor Natrium- oder Calciumnitrat.
    Allerdings spielt es für die Algen keine Rolle, ob sie Ammonium oder Nitrat oder beides als potentielle Stickstoffquelle zur Verfügung haben, da sie sich individuell auf die jeweils vorherrschenden bedingungen akklimatisieren.


    Ich würde daher die Argumentation, dass Rieselfilter Ammonium sofort in Nitrat umwandeln, und dadurch die Algen keine brauchbare Stickstoffform zur Verfügung haben, nicht zulassen. Ich gebe aber wie gesagt insofern Recht, als das Ammonium potentiell leichter und energetisch günstiger verwertet werden kann als Nitrat. In den meisten Fällen geben die Fische über ihre Kiemen aber kontinuierlich Ammonium an das Wasser ab, und da die Fische deutlich näher an den Korallen und Algen sind als am Rieselfilter, steht den Algen und Zooxanthellen entsprechend immer Ammonium zur Verfügung. Es ist halt nur die Frage, ob sie es nutzen, denn wenn sie einmal an Nitrat als Stickstoffquelle akklimatisiert sind, kann es sein dass sie Ammonium nicht mehr nutzen, und umgekehrt.


    Ich hoffe die Frage ist damit beantwortet.

  • Hallo,


    danke für Deine Antwort Jörg. Die Nährstoffrage ist jetzt eigentlich beantwortet.
    Wenn aber die Beforzugung der Zwischenprodukte doch keine sehr große Rolle spielt, ist ja eigentlich gar nichts gegen einen Biofilter
    einzuwenden. Denn alles was da so im Aquarium anfällt und nicht
    abgeschäumt wird oder als Zwischenprodukt von Korallen oder Algen
    verbraucht wird, muss ja unweigerlich erst mal als Nitrat enden. Ob
    nun im Biofilter oder im Aquarium. Die Menge an Nitrat muss dann ja
    immer gleich sein. Ich kann mir allenfalls vorstellen, daß in einem unge-
    pflegtem Filter sich mit der Zeit eine große Menge von langsam sich
    zersetzenden Stoffen ansammelt und dadurch dann immer größere
    Mengen von Nitrat abgiebt. Also eigentlich Stoffe, die mit einem Schnellfilter entfernt werden sollten.
    Bei einer regelmäßigen Wartung des Biofilters dürfte dieser Effekt
    dann ja nicht eintreten.


    M. f. G.


    Ulrich

  • Hallo Joerg,


    Zitat

    Sowohl Ammonium, Nitrit als auch Nitrat sind potentiell nutzbare anorganische Stickstoffformen, die von photosynthetisierenden Pflanzen und Bakterien aufgenommen und verwertet werden können, also analog wie im Süßwasser.


    gibt´s irgendeinen Grund oder einen Beckentyp, bei dem man statt Ammoniumchlorid Kalzium( oder Kaliumnitrat) nehmen sollte?
    Hab bei mir sämtliche Biobälle im Ablaufschacht raus, das Wasser kann nun frei aus dem Hauptbecken in ein Kelleraquarium laufen von dort in ein Technikbecken und wird ohne Störung vom Abschäumer erfasst.
    Zusätzlich noch DSB, und nun hab ich kein Nitrat mehr.


    MFG


    André

    __________________
    Gruss
    André

    Einmal editiert, zuletzt von Andre Wisslicen ()

  • @ Ulrich


    Im Meerwasseraquarium finden sich im Lebendgestein und im Bodengrund in enger räumlicher Beziehung aerobe und anaerobe Zonen und entsprechend Nitrifikation, aber auch Denitrifikation (nämlich im hypoxischen Mileu). D.h. das anfallende NO3 wird weiter zu gasförmigem Stickstoff abgebaut, zum Beispiel im Inneren vom Lebendgestein oder im Bodengrund, und kann so das System verlassen.


    Bei einem Rieselfilter findet zwar auch Nitrifikation statt, aber das Produkt NO3 reichert sich an und wird im Becken weniger effizient weiter abgebaut.


    So habe ich zumindest die Theorie verstanden, lasse mich aber gerne eines besseren belehren. Ob die Hypothese von der Denitrifikation im Gestein tatsächlich zutrifft wird auf reefcentral.com z.T. sehr heftig diskutiert, ist aber meines Wissens noch nicht experimentell überprüft worden.

  • @ Joerg


    Warum legen die Algenfilter-Anhänger denn dann so grossen Wert auf die Biobälle, durch die das Wasser gepumpt wird, b e v o r es ins Refugium strömt. Wenn NH4 auch gut von den Algen aufgenommen werden kann sollte das doch zumindest bezüglich des Nährstoffexports unnötig sein?


    Grüsse,


    Martin

  • Hallo Martin :smiling_face:


    An sich ist es einfach... Ohne Biobälle gibt es keine Oxidation bevor das Wasser den eigenltlichen Filter (zum Beispile Schlammifltter ) erreicht und dann das zu Nitrat oxidierte umgewandelt wird.


    Daher würde man ohne Biobälle nur einen unzureichenden Abbau von Nitrat erreichen, die Korallen können die anfallendem Mengen sicher nicht abbauen oder aufnehmen.


    Zumindest ist das die bisher gemacht Erfahrung. Die Schammfilter ohne Bälle laufen bei weitem nicht so gut .....

  • Hallo Robert,
    hallo Jörg,
    hallo all!


    Wenn aber doch Ammonium gut durch die Algen aufgenommen wird könnte man sich die Biobälle und die Oxidation und die Nitratbildung sparen?


    Algenfilter mit Biobällen:


    Ammonium --> (Biobälle - Oxidation)--> Nitrit/Nitrat --> (Alge - Reduktion--> Aminosäurenstoffwechsel) --> Aminosäuren


    Algenfilter ohne Biobälle:


    Ammonium --> (Alge - Aminosäurenstoffwechsel) --> Aminosäuren


    Mein 2. Problem:
    Ich kann auch nicht nachvollziehen wozu das 10 fache Beckenvolumen durch den Filter gejagt werden muss. Ist denn wirklich vor den Algen z.B. 20 mg NO3 und dann nach wenigen Sekunden bzw. wenigen Dezimetern Strecke hinter den Algen 0 mg?? Und wenn man jetzt weniger Flussrate hat, verhungern dann die Algen in der hinteren Hälfte des Refugiums weil die vorderen schon alle Nährstoffe rausgefischt haben?? Das kann ich nicht glauben.


    Ich bitte dringend um Aufklärung. Vielleicht kannst Du Jörg ja noch mal aktivieren :smiling_face:


    Grüsse,


    Martin

  • Hallo Martin,


    bist du Dir sicher, daß Nitrifikation und Denitrifikation überwiegend nur
    in enger räumlicher Beziehung vonstatten gehen? Seperate Nitratfilter
    funktionieren doch auch recht gut, obwohl das Nitrat nicht in dem
    Filter selbst entsteht. Ist es nicht egal wo das Nitrat entsteht?


    M. f. G.


    Ulrich

  • Hallo Ulrich,


    das nennst sich auch "simultane Denitrifikation" und ist sehr eingehend in der Wasser/Abwasseraufbereitung erforscht worden.


    In Klärwerken gibt es auch Bereiche für Denitrifikation in denen der Sauerstoffgehalt des Wassers nur kleiner 1mg/l sein muß um Denitrifikation stattfinden zu lassen.
    Es ist also nicht notwendig überall keinen gelösten Sauerstoff zu haben.


    Man kann sich das schnell klarmachen, daß jede Bakterienflocke bzw. jeder Biofilm außen gut Sauerstoff bekommt, jedoch weiter im Inneren durch Verbrauch immer weniger zur Verfügung steht.
    Ist der Sauerstoffgehalt in einer gewissen Tiefe niedrig genug, findet Denitrifikation statt.
    In den äußeren Bereichen findet dann die "Erzeugung" von Nitrat statt, der weiter im Inneren abgebaut wird.


    Ich glaube daher auch, daß Nitrifikation und Denitrifikation überwiegend in direkter Nähe stattfindet :winking_face:




    Hallo Martin,


    die Antworten zu deinen Fragen interessieren mich auch :smiling_face:


    Das mit den Biobällen kann ich mir nur so denken, daß sie eingesetzt werden damit der Stickstoff nicht so schnell, wie in Form des Ammoniums verbraucht wird und es so zu einem Stickstoffmangel kommen kann, falls der Algenfilter zu effektiv arbeitet.
    Quasi um ihn ein bischen einzubremsen und die Verfügbarkeit des N zu verlängern.
    Kann aber auch Quatsch sein :face_with_tongue:

    Viele Grüße
    Frank

    3 Mal editiert, zuletzt von FrankE ()

  • Hallo Martin :smiling_face:


    Na da fragt Ihr den Spezialisten ? ...lol... Ich will es mal versuchen.... habe aber im Prinzip auch nicht mehr Ahnung wie du....


    Punkt 1: ich denke das es einfach daran liegt wieivel Ammonium zur Verfügung steht.... Wird nicht alles verbraucht (und genau das nehme ich als Laie einfach mal an) hat man im Endeffekt wieder den selben effekt.... Nitrit und Nitrat als Endstufe...und je mehr überschüssiges Ammonium rienkommt desot mehr Nitrat wird zu schluss überbleiben.



    Ohne Biobälle liefen die ersten Schlammfilterbecken nicht richtig, da nicht ausreichend Nitrat entzogen wurde. Der Grund ist einfach, es fehlt einfach die Oxidation zu Nitrat wenn es in den Filter ankommt. Würde man daas Wasser so durchleiten wird viel zu weng Nitrat abgebaut. Es wird zwar Nitrat abgebaut aber eben bei weitem nicht so viel.



    Zu Punkt 2:
    Durch die 10 Fache Strömung erreicht man letztlich durch die Konstruktion des Filters (Zwangsdruchstörmung über den Filter) und die Bodenhöhe den Abbau von Nitrat. Der findet nicht in den Algen statt (dort wird zu 90% Po4 aufgenommen... behaupte ich einfach mal so) sondenr nur über den Bodengrund und Fliessgeschwindigkeit des belasteten Wassers.. Denk mal dran es liegt mit an den Kongrössen des Schlamms... etc....



    Der Markus Resch hat lange gebraucht um eben genau die Fliessgeschwindikeit richtig zu ermitteln. Anfangs wurde das 5 fache angegegeben aber das hat nicht gereicht.. So hat er sich langsam an das rangetastet und ist bei dem 10fachen stehen geblieben...Dort war dann ein opimaler Nitratabbau im Becken zu merken. Es ist ja so das ein zu geringer Durchlauf wie ein zu hoher Durchlauf recht schnell Einfluss nimmt.

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