EU warnt vor totalem Dorsch-Kollaps
Schaden geht in die Milliardenhöhe - Tausende Arbeitslose befürchtet
London (pte, 11. November 02/17:56) - EU-Fischereiexperten haben heute,
Montag, davor gewarnt, dass eine Fortführung der Dorschfänge zu einem
Aussterben der Fischart führen wird. Das berichtet BBC-Online
http://news.bbc.co.uk und nimmt Bezug auf eine Expertise von unabhängigen
Wissenschaftlern (pte berichtete http://www.pte.at/pte.mc?pte=021028038
). Nur ein totales Aussetzen des Fischfanges von Kabeljau, Schellfisch
und Wittling könne den Wildbestand noch retten, meinen die Forscher.
Die EU-Kommission übte zugleich auch heftige Kritik am Verhalten lokaler
Regierungen der betroffenen Staaten, denn die Warnungen sind nicht
wirklich als Überraschungen gekommen. Bereits vor Jahren wurde empfohlen
den Fischfang auf ein Minimum zu reduzieren. Damals hatten die
Regierungen auf die Empfehlungen nicht oder nur unzureichend reagiert.
Fischereibehörden haben davon gesprochen, dass bei einem Aussetzen des
Kabeljaufangs ein ganzer Industriezweig ruiniert werden würde. Dabei
könnten zwischen 10.000 und 20.000 Arbeitsplätze verlorengehen. Alleine
in Großbritannien fürchtet Struan Stevenson, Vorsitzender des
Europäischen Fischerei-Komitees und konservativer Europa-Abgeordneter den
Zerfall der gesamten Fischereindustrie. Er beziffert den Schaden für die
britische Wirtschaft mit rund 1,6 Mrd. Euro.
Die tatsächliche Entscheidung für Fangquoten der EU-Fischereiflotte
werden aber erst bei einem EU-Gipfel in Brüssel im Dezember erwartet.
Einige Staaten werden nach Angaben von BBC stark unter Druck ihrer
landeseigenen Fischer stehen. Die Kommission hat aber bereits heute davor
gewarnt, dass die Bestände der wichtigsten Speisefische so niedrig sind,
dass ein Verschieben von drastischen Maßnahmen keine Option mehr sei.
Nach Ansicht von Fisch-Experten könnten Aquakulturen den Wildfang in
Zukunft ersetzen. Ein solches Projekt wird in Norwegen gerade untersucht.
In einer Fischfarm nahe der norwegischen Stadt Stavanger werden
Zuchtdorsche gezogen bis sie ein Gewicht von rund fünf Kilogramm erreicht
haben. Dann werden die Tiere verkauft. Das Unternehmen Marine Harvest
Norway will in zehn Jahren einen Output von 400.000 Tonnen Kabeljau
erreichen. Den Enthusiasmus mit den gezüchteten Fischen teilen allerdings
Umweltgruppen nicht. Die Naturschützer befürchten, dass die Zuchtfische
den Naturbestand der wildlebenden Arten sogar noch mehr gefährden
könnten. "Das gleiche Problem ist auch bei den Zuchtlachsen aufgetreten.
Dort gefährden Zuchttiere die wildlebenden Artgenossen mit neuen
Krankheiten und Parasiten", so Maren Esmark vom WWF-Norwegen. Zuchttiere,
die zufällig auskommen, könnten einen immensen Schaden durch Nährstoffe
und Gifte an wildlebenden Populationen anrichten, fürchten die
Umweltschützer. Sie wollen eher den Fischfang ruhen lassen und warten bis
die natürliche Fischpopulation soweit gesundet ist, bis der Wildfang
wieder möglich ist. Das ist auch der Vorschlag des unabhängigen
International Council for the Exploration of the Seas http://www.ices.dk
. "Für Aquakulturen fehlt es einfach an Erfahrung", so Esmark. "Außerdem
dürfen die gleichen Fehler wie beim Zuchtlachs nicht wieder vorkommen."
(Ende)