Nachdem vor allem in den letzten Wochen viel über das DSB diskutiert wurde, fasse ich hier die Posts aus den Threads "DSB im Hauptbecken?" und "Sandsorten fürs DSB" inhaltlich zusammen. Ich hoffe, dass der nächste, der Fragen zu diesem Thema hat, dadurch einen besseren Überblick über die Meinungen aus dem Forum bekommt.
Diese Zusammenfassung spiegelt ausschließlich die Meinungen derer wider, die in den o. g. Threads gepostet haben, und enthält einige konkrete Fakten, die durch Recherchen der beitragenden Poster gesammelt werden konnten.
Am Ende habe ich eine kleine Literaturliste angehängt, über die sich der geneigte Leser weiter informieren kann.
Es sind natürlich alle dazu aufgerufen, diese Zusammenfassung zu kommentieren, damit sie sinnvoll erweitert und upgedatet werden kann!
Pros und Contras DSB:
Pro:
1. Ein DSB sorgt für eine "naturnahere" Haltung des Meerwasserbeckens.
2. Fische können ordentlich gefüttert werden.
3. höhere Diversität der Arten.
4. preiswerte Filterungsart. Dies muss noch durch direkte Kostenvergleiche belegt werden.
5. Karbonathärte wird gepuffert.
Contra:
1. Es gab früher viele Berichte, dass ein Becken gekippt ist. Heute weiß man aber, dass diese DSBs grundsätzlich falsch eingerichtet wurden (zu grobe Körnung, schlecht lösendes Material, zu wenig Kleinstlebewesen...).(IrisB)
2. Es muss hin und wieder Sand nachgefüllt und der Mikrofaunabestand beobachtet werden. Ron Shimek empfiehlt Detritivore Kits zum Aufstocken der Mikrofauna. Ob diese bei uns erhältlich sind, ist unbekannt.
3. Kalkwasserzugaben sind nicht möglich und binden PO4 im Bodengrund.
DSB im Hauptbecken oder im Filterbecken?
Pro Hauptbecken:
1. höhere Diversität der Arten.
2. Es können Tiere gehalten werden, die einen hohen Bodengrund brauchen (Lippfische, Grundeln, Seesterne) oder die sich aus dem DSB ernähren (Mandarinfische).
Diese Ansicht ist umstritten! (s.u.)
3. Mikrofauna trägt direkt im Becken zur Reiningung bei.
Contra Hauptbecken:
1. Man muss auf einige Arten verzichten, die sich aus dem DSB ernähren und den Boden durchwühlen(einige Lippfischarten, Grundeln)(IrisB).
Diese Ansicht wird jedoch heftig diskutiert. Es wird auch das Gegenteil behauptet (ImRauschDerTiefe, McMachi) oder gefordert (Jens Kallmeyr).
2. Das DSB ist von der Seite unansehnlich. Das könnte aber mit einer Kiesblende kaschiert werden.
3. Durch die relativ große Fläche des DSB kann vor allem der Nitratwert auf 0 sinken (Stickstofflimitierung). Für Korallen müssen dann Nährstoffe zudosiert werden.
Pro Filterbecken:
1. Das DSB ist nicht sichtbar. Man verliert nicht an Höhe im Becken.
2. Das DSB ist leicht zu warten und bei Problemen vom Becken abkoppelbar. Bei Stromausfall kann lediglich das Filterbecken "kippen."
3. Die Fläche des DSB beträgt etwa 1/4 bis 1/3 der Fläche des Hauptbeckens. Dadurch ist die Stickstoffkonkurrenz geringer.
4. Das DSB wird nicht umgewühlt.
Diese Ansicht ist umstritten. Ron Shimek fordert zum Beispiel eine große Zahl "Critters" (Seewalzen, Alpheus, grabende Seeigel, Seesterne), um den Bodengrund durchzuarbeiten.
5. Man kann Caulerpa oder Seegras pflanzen und nachts beleuchten, um den pH-Wert zu stabilisieren und einen höheren Phosphataustrag zu erreichen.
Contra Filterbecken:
1. erhöhter Platzbedarf für das Filterbecken.
2. Im Filterbecken wird viel Strömung benötigt.
3. Ein Teil des Detritus bleibt im Hauptbecken und versackt.
DSB mit oder ohne Abschäumer?
Pro Abschäumer:
1. Ein Abschäumer verhindert durch den hohen Austrag an Schwebstoffen, dass sich Mulmstellen auf dem Sand bilden.
2. Ein Abschäumer versorgt das Wasser mit Sauerstoff. Allerdings werden auch Becken ohne Abschäumer mit 10fach Strömung betrieben (Maquard).
3. Ein Abschäumer begrenzt das Ansammeln von Algen auf den Scheiben.
Contra Abschäumer:
1. Ein Abschäumer trägt wichtige Spurenelemente und Mineralstoffe aus, die danach wieder zudosiert werden müssen.
Diese Meinung wird jedoch von Chemikern angezweifelt, da die eigentlich nicht zu den typischerweise abgeschäumten Substanzen gehören.
Sandsorten für ein DSB
Mittlerweile gibt es 4 Typen von Sand, die für ein DSB interessant sind. Die bekanntesten Exporteure sind CaribSea und Nature´s Ocean.
1. trockener Sand
Dieser Sand besteht in der Regel aus Aragonit und wird trocken ausgeliefert. Er bildet meist die Basis für das DSB.
2. nasser Bakteriensand ("Live Sand")
Dieser Sand besteht aus Aragonit, wird nass ausgeliefert und beinhaltet sowohl marine Bakterien, die durch die Entnahme darin enthalten sind, als auch eine zusätzliche Auswahl zugeführter Bakterien. Dieser Sand wird zum "Animpfen" des DSB mit Bakterien verwendet.
Die Vorteile dieses Sandes sind etwas umstritten. Zum einen widerspricht die Zusammensetzung der Bakterien einer natürlichen marinen Lebensgemeinschaft, zum anderen ist es möglich, dass ein großer Teil davon während des Transports abstirbt und der Beutelinhalt kippen könnte (Aurora). Das Preis-Leistungs-Verhältnis (auch bedingt durch das höhere Gewicht pro Volumen) wäre dann recht schlecht.
3. nasser Bakteriensand "Ocean Direct" von CaribSea
Dieser Sand wird nach der Entnahme direkt zum Händler verschickt. Er wird nass in einer atmungsaktiven Tüte verschickt und verspricht 1000mal mehr Bakterien als in herkömmlichem "Live Sand" zu finden sind. Dieser Sand wird zum "Animpfen" des DSB mit Bakterien verwendet.
4. nasser "echter Live Sand"
Hinter dieser landläufigen Bezeichnung verbirgt sich der wohl wertvollste Sand für das DSB. Er wird aus dem Meer entnommen und direkt zum Importeur (coralsands) verschickt. In ihm befinden sich neben den Bakterien auch viele Kleinstlebewesen, wie Kleinkrebse, Schnecken und Würmer. Diese Lebewesen dienen dazu, die oberste Schicht eines DSB umzugraben und somit mit Sauerstoff zu versorgen. Weiterhin verwerten diese Tiere Detritus, der auf den Boden fällt. Ihre Ausscheidungen werden von den denitrifizierenden Bakterien in den unteren Schichten verwertet und als Stickstoff ausgeschieden.
Verfügbarkeit:
1.-3. Viele Händler bieten eine ganze Reihe verschiedener Sande an. Die Qual der Wahl ist recht groß.
4. Der echte Live Sand ist zu vielen Händlern noch nicht vorgedrungen. Das kann an schwierigen Hälterungsbedingungen oder an zu wenig Nachfrage liegen. Eine Liste der Händler, die den Sand anbieten, findet man bei dem vermutlich einzigen Importeur in Deutschland coralsands. Manche Händler bieten den Sand nur in den originalen 22kg-Boxen an, manche als Kiloware.
Material
Die meisten DSB-geeigneten Sande bestehen aus Aragonit, also dem Material, das durch kalkbildende Lebewesen gebildet wird und in der Natur als Sand an Korallenriffen vorkommt. Aragonit ist im Wesentlichen Calciumcarbonat und puffert auf natürliche Weise den kH- und pH-Wert im Aquarium, indem es gelöst oder wieder ausgefällt wird. Deshalb muss der Aragonitsand in regelmäßigen Abständen nachgefüllt werden, insbesondere wenn sich kalkbildende Lebewesen (Steinkorallen, Muscheln, Schnecken etc.) im Becken befinden.
Eine weitere gute Eigenschaft von Aragonit ist die günstige Kristallstruktur. Da es stark porös ist, bietet es viel Siedlungsfläche für Bakterien und eignet sich besonders gut zum Schadstoffabbau. Aufgrund der relativ glatten Kornoberfläche, eignet sich Aragonitsand sehr gut zur Besiedelung von Kleinstlebewesen.
Andere Materialien gleicher Korngröße und Porosität tragen ebensogut zur Filterung bei. Denn für den Schadstoffabbau ist nur die Korngröße und Porosität, nicht aber das Material entscheidend. Diese sind aber in der Regel weitaus schlechter löslich und haben deshalb geringere Puffereigenschaften (s.o.).
Korngröße des Sandes
Für ein Deep Sand Bed ist die Korngröße des Sandes von entscheidender Bedeutung. Der Sand muss so beschaffen sein, dass
- die oberste Schicht mit Sauerstoff durchströmt werden kann
- in den unteren Schichten anaerobe Zonen entstehen können
- eine optimale Besiedelung durch Bakterien und Kleinstlebewesen gewährleistet ist
- kein Detritus in den Bodengrund eindringt.
Laut Ron Shimek, dem "Erfinder" des DSB, sollten etwa 70% des Sandes eine Körnung zwischen 0.063 mm und 0.25 mm aufweisen. Eine entsprechende Korngrößenverteilung weist zum Beispiel der oben erwähnte Ocean Direct auf.
Die meisten bei uns erhältlichen Sande sind etwas gröber. Offenbar laufen aber auch DSBs mit gröberer Körnung bisher ohne Probleme. Eine Korngröße von 1 mm sollte aber den meisten Meinungen nach nicht überschritten werden.
Weiterhin ist eine Mischung von Sanden mit unterschiedlichen Korngrößen nicht von Vorteil. Nach einiger Zeit steigt der gröbere Sand immer hoch und bildet dann die oberste Schicht.
Aufbau eines DSB
Wie viel von welchem Sand verwendet wird, richtet sich nach dem Geschmack und der Überzeugung des einzelnen und nicht zuletzt nach der Größe des Geldbeutels.
Ron Shimek empfiehlt folgenden relativ günstigen Aufbau:
- ca. 90% trockener Aragonitsand
- mind. 10% echter Live Sand
Viele verwenden zusätzlich eine Schicht Bakterien-Livesand. Wie oben erwähnt, wird diese Art von "lebendem" Sand kontrovers diskutiert. Eine Alternative wäre evtl. der bereits genannte neue Ocean Direct. Über diesen Sand gibt es aber bis jetzt keine Erfahrungsberichte.
Literatur
Frank Diehl, Robert Baur-Kruppas: D(eep) S(and) B(ed) - oder auch Tiefes Sandbett
Markus Emge: Deep Sand Bed (DSB). Einrichtung eines DSB nach der Vorgabe von R. Shimek. Teil 1: Einbringen des Sandes
Markus Emge: Deep Sand Bed (DSB). Einrichtung eines DSB nach der Vorgabe von R. Shimek. Teil 2: Einbringen des Live Sands
Sudad Ghadaban: Deep Sand Bed. Der Meewasseraquarianer, 2007(1).
Ron Shimek´s Website (etwas unübersichtlich)
Ron Shimek: Dearest Mudder.... The Importance of Deep Sand
Ron Shimek: What lives in live sand?
Ron Shimek: Reef Aquaria as Ecosystems
Ron Shimek: Sand Bed Secrets
Ron Shimek: How Sand Beds REALLY Work