Lebendgestein(chen) - eine ungenutzte Möglichkeit?

  • Hallo Zusammen,
    ich betreibe das Hobby Meerwasseraquaristik ja nun schon länger. In dem Zusammenhang beobachte ich über Jahre, wie wichtig es ist ab und zu seine Bakterienstämme aufzufrischen (was ja auch kein Geheimnis ist). Seit geraumer Zeit mache ich das nicht über flüssige Bakterienlösungen oder mit einem Austausch großer lebender Steine, sondern über sog. Restgestein. Restgestein das sind die abgebrochenen Reste der lebenden Steine beim Import. Oftmals ungenutzt landen diese Steinchen irgendwann "vielleicht" im Müll.


    Zur Zeit denken einige Leute über Einrichtungen mit sogenanntem Totgestein nach. Sicherlich aus Gründen der Nachhaltigkeit, oder einfach weil es günstiger ist. Totgestein kann am Anfang aber auch Probleme mit sich bringen was den Wasserchemismus und eine einseitige Bakterienfauna anbelangt. Hierbei könnte man doch prima das Restgestein einsetzen und so dem Becken von Anfang an einen guten Start geben. Auch später wäre eine Auffrischung gut möglich.


    Man könnte dieses Thema auch mal bei den gängigen Importeuren platzieren, vielleicht ein bisher ungenutzter Verwendungszweck, aber bestimmt hilfreich für viele Aquarianer.
    Mit diesem Post wollte ich mal Eure Meinung dazu abholen oder vielleicht auch einen Denkanstoß geben, für all diejenigen die gerade über das Thema Einrichtung nachdenken.


    Viele Grüße und bleibt gesund


    Eric

  • Hallo Eric,


    ein guter Ansatz. Ich denke allerdings, dass die meisten Händler das Lebendgestein nach Gewicht abgeben. Kleine Steinchen wird es daher vermutlich auch nicht geschenkt geben. Auch bringen kleinste Steine auch nicht allzu viel, weil man mit Lebendgestein nicht nur Bakterien einbringen kann. Viele andere Mikroorganismen, der gesamte marine Mikrokosmos, sind für eine guten Beckenbiologie sehr wertvoll. Ein kleines bisschen Volumen sollte das Lebendgestein daher schon mitbringen, damit sich darauf auch etwas findet.


    Gruß


    Bernd

  • In dem Zusammenhang beobachte ich über Jahre, wie wichtig es ist ab und zu seine Bakterienstämme aufzufrischen (was ja auch kein Geheimnis ist).

    Dafür gibt es inzwischen tolle Mittel. Ich nutzte die regelmäßig. Für das Becken ist das eine Wohltat.


    Mit dem Lebendgestein muss ich Bernd recht geben. Es muss schon eine gewisse Menge sein. Ich hatte früher im Technikbecken immer ein paar kg liegen.
    Oft bekommt man auch schon mit Ablegern nette Sachen mit in das Becken.


    LG
    Daniel

  • @All,


    ich habe gestern 2 Kilo bekommen. Da ist schon mehr drauf als auf so manchem lebenden Steinbrocken. Klar haben die großen Steine viel mehr an Leben zu bieten, aber zur Auffrischung oder bei der Neueinrichtung mit "nur" Totgestein, wie ich finde eine gute und vor allem nicht so teure Variante als alles mit Lebendgestein einzurichten (wobei das klar der Idealfall wäre).


    VG
    Eric

  • moin,


    zu beginn der farm - also ende der 90er - hatte ich sämtliche kleinstbrocken ls der umliegenden mewageschäfte für kleines aufgekauft und damit den boden der becken ausgefüllt.


    korallen standen dann auf gittern oberhalb der belebten schicht.


    nach rd. 10 jahren infolge des umzugs der farm von dortmund nach witten stellen wir fest, dass tlw. bis zu 10 cm "belebter schlamm" sich am boden angesammelt hatte und die ls-brocken teils komplett einschlossen.


    man rechnete nun beim ausschaufeln der bodenschicht mit schlimmsten gerüchen a la stinkbombe.


    aber nix - beste meeresluft wehte einem entgegen.


    ne art watt war im laufe der jahre entstanden.


    in der aktuellen anlage wurde allerdings nur sand und tlw. ls-brocken eingebracht aber wenn frisches ls kommt, werden die restbröckchen und sich in der box abgesetzter dreck in die anlage überführt.


    zur auffrischung der baketienstämme.

  • Das ist nicht neu und selber habe ich das schon mehrere male so gemacht.. Mrutzek z.b verkaufte das mal Kiloweise für wenig Geld.


    Gruß, René

  • Das ist nicht neu und selber habe ich das schon mehrere male so gemacht.. Mrutzek z.b verkaufte das mal Kiloweise für wenig Geld.


    Gruß, René


    hi rene,


    nee, nicht neu, schon vor 25 jahren so gehandhabt :winking_face:

  • Hallo zusammen,


    mal grundsätzlich die Frage, macht ihr das auf Verdacht oder bei konkreten Problemen? Jetzt mal unabhängig davon ob man es mit Lebendgestein oder Bakterienpräparaten auffrischt.
    Mein aktuelles Becken hat jetzt eine Standzeit von 2 Jahren, läuft soweit alles prima. Vor ein paar Wochen sind mir einzelne grünliche Beläge aufgefallen, die ich für Algen hielt. Unter dem Mikroskop sind es aber grüne Cyanos. Ich habe die Stellen befreit, grundsätzlich stören sie bisher nicht, aber wer weiß wie sich das entwickelt. Mein Nitratwert ist nicht nachweisbar (schon immer). Durch frische Bakterien wird ja die Nitrifikationskette auch "aufgefrischt" und meine Sorge ist, dass das eventuell nicht so gut ist.


    Grüße


    Chris

  • hi rene,


    nee, nicht neu, schon vor 25 jahren so gehandhabt :winking_face:

    Ich frage mich gerade warum man das den Leuten nicht grundsätzlich ab und an empfiehlt. Es wird hier oft berichtet das man Steine tauschen soll um die Biologie aufzufrischen. Oder z.B. wenn Leute ihr Becken neu einrichten und aber nur auf Totgestein aufbauen möchten. Ich könnte mir vorstellen das das Geröll gut ist und ein wenig vor Langzeitschäden schützt.


    VG
    Eric

  • hi eric,


    nun, das ist dem mainstream geschuldet (riffe schützen) in verbindung mit der knappheit des materials.

    Hi Joe,
    ja klar, allerdings gibt es aktuell einige die lebende Steine importieren ob nun von Australien, Bali, .... Wenn dem so ist gibt es garantiert "Abfall" und genau den kann man gut nutzen. Ist zumindest meine Meinung. Man sollte das dann den Aquarianern (gerade den Anfängern) auch als Vorschlag unterbreiten.


    Gruss
    Eric

  • Hallo,


    ja, die nun so teuren Lebenden Steine werden inzwischen recht sorgsam behandelt. Das liegt auch an den hohen Transportkosten.
    Eine bei mir lange bewährte "Alternative" ist übrigens Lebendgestein aus dem Mittelmeer. Viele marine Mikroorganismen sind nämlich nicht unbedingt an so hohe Temperaturen wie in den tropischen Meeren gebunden.
    Für Nichttaucher: Die Steine im Mittelmeer, auch wirklich richtig poröses Material, findet man am ehesten in kleinen Hafenbecken, dort wo Fischer ihre Netze entleeren. Leider haben die Fundplätze in den letzten Jahren auch etwas abgenommen. Da gibt es wohl inzwischen auch andere Interessenten. Aber nach kleinen "Urlaubsmitbringseln " kann man immer Ausschau halten.


    Gruß


    Bernd

  • Hallo ihr „Steineexperten“! :smiling_face:


    Kleiner Wissenscheck (hält auch jedem neuzeitlichen Faktencheck stand):
    Wer galt als „Entdecker“ von „lebenden Steinen“?
    Richtig: Jürgen Grobe (später VDA)


    Auszug aus seinem Buch „Das Korallenaquarium“ (1965):



    „….mitunter erwirbt man Tiere ungewollt mit „lebenden Steinen“.
    Ich möchte hier noch auf eine Möglichkeit hinweisen, wie man einen in der Natur gewachsenen Lebensraum mit allen in ihm vorkommenden Lebewesen erwerben kann:
    die „lebenden Steine“.
    Unter diesem Begriff verstehe ich Korallentrümmer, Steine, alte Schneckengehäuse, Muschelschalen oder Kalkalgenkrusten mit alle an ihnen haftenden Lebewesen.
    Am besten bringt man sich diese „lebenden Steine“ selber mit und transportiert sie in Plastikbeuteln mit sehr wenig Wasser und viel Sauerstoff; jeden Stein in einem Beutel für sich.
    Mit dieser Methode bekommt man meist fast alle Lebewesen lebend nach Hause. Ist diese aufwendige Methode nicht möglich, kann man die Steine in mit Seewasser getränkte Tücher hüllen, doch sterben bei dieser Methode viele Tiere ab. Man muss diese Steine in Quarantänebecken bei starker Kohlefilterung aufbewahren bis die toten Teile entfernt sind.
    An solchen Steinen lebende Algen entwickeln sich im Aquarium meistens nicht weiter und verpesten beim Absterben das Wasser. Auf sie muss man besonders achten.
    Ich habe mich auf die Verwendung „lebender Steine“ seit Jahren konzentriert und glaube, dass mit ihrer Hilfe Halteerfolge auch bei den empfindlichsten Tieren möglich werden.“


    Das Buch ist 1965 erschienen. Die praktischen Erfahrungen mit Lebendgestein liegen bei Jürgen Grobe deutlich vor dem Erscheinungsjahr!


    Gruß
    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Kontraproduktiv. Eigentlich will man ja Nährstoffketten aus lebenden Steinen unterbinden und steuern. Heute braucht man keine lebende Steine mehr, um ein Becken neu zu starten, im Gegenteil, viele verzichten ganz darauf, um sich keine unerwünschten Plagen einzuhandeln. Das Substrat was oft unter den Korallen hängt, reicht vollkommen aus. Die Nitrifikationsprozesse im Innern der Steine können unerwünschte Begleiterscheinungen hervorrufen, Stichwort Bakterientoxine. Schon der gute alte Wilkens hat darauf hingewiesen.
    Kenne zu Genüge Becken die mit LS eingerichtet und spätestens nach 2-3 Jahren wieder komplett entleert wurden.


    Das ist auch genau der Grund warum sich über 40 Jahre kein einziges biologisches Filtersystem in der Riffaquaristik durchgesetzt hat. Viele Top Becken, die ich kenne, verwenden gar kein Lebendgestein mehr und die Deko wird auf ein Mindestmaß reduziert. Kaimauer ist heute verpönt.
    Es mauert sich auch niemand mehr die Rückwände und Böden mit Riffkeramik zu. Da haben sich wahre Katastrophen ereignet, weil nämlich hinter und unter den Platten es ordentlich gefault hat.
    Heute sind ganz andere Aspekte wichtig, wie eine Kontinuität in der Wasserpflege herstellen mit Dosierpumpen und entsprechender Versorgung von Verbrauchsstoffen, gute Licht-und Filtertechnik, Wasserwechsel und regelmäßig ICP.


    Das ist moderne Meerwasseraquaristik. Lebende Steine bestenfalls bei Neustart zum animpfen, aber wenn, dann nur im Filter. Gebrauchtes Wasser und etwas Sand aus einem gut laufendem Riffbecken tut es aber genau so


    Grüße ... Klaus

  • Hallo,


    laut Lexikon der Meerwasseraquaristik verwendete der Indonesier Lee Chin in den 60er Jahren das erste Mal Lebendgestein im Meerwasseraquarium. Er nannte es "reborn corals".
    Egal, die Diskussion über das für und wieder finde ich langsam ermüdend, soll doch jeder machen wir er will.
    Spannender finde ich, was genau unter "Auffrischung" verstanden wird. Geht es hier primär um die "Auffrischung" der Nitrifikation oder um Bakterienplankton, das ja auch als Nahrung für Korallen zur Verfügung steht? Was ich mir auch vorstellen könnte ist, dass verschiedene Bakterien spezialisiert sind auf bestimmte Bereiche/Lebensräume, wie Detritusabbau und durch die Verarmung diese biologischen Vorgänge ins Stocken geraten. Als letztes spielt sicher auch die Konkurrenz zu potentiell unerwünschten Bakterien/Belägen eine Rolle. Konkrete Erfahrungswerte würde mich da schon sehr interessieren. Wie oft frischt ihr auf? Gibt es Indikationen, wie steigende Nährstoffwerte? usw.


    Grüße


    Chris

  • Hallo Chris,


    um Detritus abzubauen, reichen Bakterien eben gerade nicht! Sie sind im wesentlichen nur an der Mineralisierung der organischen Reststoffe zu anorganischen, dann nicht mehr biologisch aktiven Stoffen beteiligt. Diese mineralisierten Reste, welche sich immer irgendwo im alten Aquarium ansammeln, weil selbst die beste Filterung, Strömung oder Abschäumung nie alle Reste aus dem Becken vollständig entfernen kann, belasten dann die Wasserwerte auch nicht mehr.
    Vor der Mineralisierung steht aber die Aufbereitung der organischen Abfallprodukte durch Destruenten (Zersetzer)!!!
    Dies sind Abfallverwerter wie z.B. Würmer etc.. Im Prinzip bildet sich also eine ganze Verwertungskette der verschiedensten Mikroorganismen.
    Gerade die Destruenten bekommt man nie durch Präparate und auch nur ganz, ganz beschränkt durch Korallen etc. ins Becken. Und nochmals, hier gibt es ebenso wie bei den Bakterien eine große Artenvielfalt mit ganz unterschiedliche Aufgaben.


    Um die Vielfalt einzubringen und dann auch aufrecht zu erhalten, macht eben eine gelegentliche "Auffrischung" Sinn. Feste Zahlen oder Zeitabschnitte kann man aufgrund der individuellen Breite der jeweiligen Beckensituationen nicht nennen.


    Mein Hauptbecken (gemischtes Riffbecken) steht nun seit 16 Jahren! Es ist mit Korallen zugewuchert und muss zweimal jährlich ausgelichtet werden. Es gibt nur relativ wenig abgeschäumte Substanz; Detritus wird nie entfernt, ist aber auch nirgends sichtbar.
    Ein bis zwei kleine Stückchen Lebendgestein kommen vielleicht einmal im Jahr hinzu (und dies auch nicht immer); meist nur als Sockel für Korallenableger bei der Fragmentierung. Wenn ich auf Reisen in Meeresgebieten bin (wegen Corona nun schon lange nicht mehr), bringe ich dann gelegentlich auch mal ein paar kleine bewachsenen Steine o.ä. mit. Aber eben alles unregelmäßig, je nach Gegebenheiten.


    Gruß


    Bernd

  • Was bei der Diskussion um Totgestein, Riffkeramik und Lebendgestein oft vergessen wird: Ein Großteil der Bakterien, die am Substrat im Ozean wachsen, sind gar nicht kultivierbar.
    In den Fläschchen mit den Bakterienpräparaten kannst du nur kaufen, was sich auch kultivieren und konservieren lässt.
    In meiner Zeit am Geomar habe ich auch ein kurzes Praktikum am KiWiZ gemacht (Kieler Wirkstoffzentrum). Dort wurde versucht aus allem Möglichen Bakterien zu kultivieren, welche dann hoffentlich bestimmte Wirkstoffe produzieren sollten.
    90% der vorgefundenen und sequenzierten Bakterien konnten auch mit größtem Aufwand nicht im Labor kultiviert werden.


    Wer weiß also schon, was dort noch alles für "Schätze" schlummern.


    Bakterien aus der Flasche sind nicht gleich Bakterien aus dem Riff!


    Viele Grüße,
    Rüdiger

  • Hallo Bernd,


    daher meine Fragen. Um die Nitrifikation aufzufrischen werden sicher auch Bakterien aus der Flasche wirken. Die von dir beschriebene Kreislauf ist sicher komplexer, bei dem eine Vielzahl von Organismen mitwirken und das kann entgegen der Werbeversprechen der Hersteller sicher nicht mit solchen Zusatzprodukten abgedeckt werden.
    Mir geht es primär um Erfahrungsberichte, was sich wie durch das Einbringen von Lebendgestein oder Bakterien nach einer gewissen Standzeit verändert hat. Ist vielleicht auch schwierig zu beantworten.
    Ich habe in den 80er Jahren (als Jugendlicher) mit Kalklochgestein aus Jugoslawien begonnen, dann nach langer Pause mit Lebendgestein in einem Nanobecken, dann ein größeres Becken mit Keramik + Lebendgestein und aktuell nur mit Keramik.
    Ich finde Lebendgestein nach wie vor spannend, ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als ich vor dem Becken saß und bewunderte, was da so alles herauskam mit dem man nicht gerechnet hätte. Nach den ganzen Erfahrungen würde ich bei einem neuen Becken zumindest mit einem Teil Lebendgestein starten. Was ich aber noch nie wirklich gemacht habe ist die genannte "Auffrischung". Vielleicht probiere ich das einfach mal selbst aus :winking_face:


    Grüße


    Chris

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