Kalkreaktor und Kalkwasser -eine gute Kombination ... Wirklich???

  • Hi,


    bezugnehmend auf den aktuellen MA 4/2003 und dem entsprechenden Artikel hätte ich gerne mal eure Meinung gehört, da die Argumente nicht so recht überzeugend sind.


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    [*]"Ausfallgefahr" von Calciumkarbonat
    Hier wird argumentiert, dass bei der Reduzierung der Produktion eines Kalkreaktors und gleichzeitiger Zugabe von Kalkwasser die Gefahr geringer ist, das Calciumkarbonat ausfällt. Das ist zwar logisch, aber wieso sollte ich den KH-Wert im Becken absichtlich veringern?? Das ist unlogisch. Bei gleichbleibender Produktion des Kalkies und Zugabe von Kalkwasser erhöht sich aber wiederum die Gefahr der Ausfällung, was ja verringert werden soll.
    [*]Neutralisierung des hohen pH-Wertes durch das überschüssige CO[T]2[/T]
    Dagegen lässt sich eigentlich nichts sagen, aber bei den meisten Kalkreaktoren wird mit einer Gasrückführung gearbeitet (also kein überschüssiges CO[T]2[/T]).
    [/list=1]


    Am merkwürdigsten kommt mir die Schlussbemerkung vor: Kalkwasser zur Neutralisierung des überschüssigen CO[T]2[/T] als zweite Stufe im Kalkreaktor.
    Zugegeben mittels Kalkwasser lässt sich CO2 binden (nicht umsonst wird Kalkwasser zum CO2-Nachweis verwendet). ABER damit verschwindet das Calcium aus dem Kalkwasser, da es sich mit dem CO2 zu Calciumkarbonat verbindet und ausfällt.
    Kalk löst sich nur bei niedrigen ph-Werten und fällt bei hohen ph-Werten wieder aus (deshalb wird ja auch der Kalkreaktor verwendet, da sich Kalk nicht im Becken (ph 8 ) löst). Wird nun der Auslauf durch Kalkwasser geleitet, das ja einen sehr hohen ph-Wert hat, so fällt der zuvor im Kalkreaktor gelöste Kalk wieder aus. Als Ergebnis hat man zwar viel Kalk aber kaum Calcium.


    Oder sehe ich da etwas falsch?

  • Hallo Carsten,
    Ich haben einen Kalkreaktor und einen Kalkwassermischer schon seit Jahren zusammen in Betrieb.
    Bei mir funktioniert es schon seit Jahren und das mit besten Erfolgen.
    Mein Calciumgehalt liegt immer zwischen 400-450mg/l und mein Kh wert liegt bei 7-9.
    Mein Kalkwassermischer speist nur das verdunstete Wasser.
    Wie gesagt es musss nicht heißen das es bei jedem funktioniert in meinem System ohne Probleme!
    Gruss Jürgen

  • Hallo Carsten,


    dies ist ein sehr interessanter Thread, den Du hier gestartet hast! Leider findet er bislang nicht die Aufmerksamkeit, die er meines Erachtens verdient hätte. Dies liegt vielleicht daran, daß dieses Thema gewisse Grundkenntnisse in Chemie benötigt, Chemie aber nicht gerade die Lieblingswissenschaft vieler Menschen ist.


    Auch ich hatte nach der Lektüre des Artikels im MA 4/2003, auf den Du Dich beziehst, ein etwas komisches Gefühl. Fossa und Nielsen zählen in Band 1 ihrer Buchreihe folgende Methoden zur Erhöhung des Kalziumgehaltes im AQ-Wasser auf:


    1. Balling-Methode
    2. Kalkwasserzugabe
    3. Kalkreaktor
    4. Kalkwasserzugabe in Verbindung mit einem CO2-Dosiersystem


    Allerdings deute ich die Beschreibung, die Fossa/Nielsen geben so, daß aus dem Kalkwassermischer die Zugabe ins Becken erfolgt und dort an anderer Stelle CO2 eingebracht wird, so daß quasi das gesamte AQ zur Reaktionskammer wird. Als Vorteil dieser Methode wird angegeben, daß ein Anstieg des pH-Wertes auf zu hohe Werte (> 8,6) durch eine pH-geregelte Zugabe von CO2 vermieden werden kann.


    So weit, so gut. Allerdings passiert mit dem gelösten Kalziumhydroxid folgendes: Es reagiert mit den durch die CO2-Gabe im AQ-Wasser vermehrt vorhandenen Karbonat- und Hydrogenkarbonat-Ionen u Kalziumkarbonat (sehr schlecht wasserlöslich) und zu Kalziumhydrogencarbonat (besser löslich). Allerdings ist das entstehende Verhältnis von Karbonat zu Hydrogenkarbonat pH-Wertabhängig. Bei einem pH von 8-8,5 entsteht deutlich mehr (fast unlösliches) Karbonat als Hydrogenkarbonat. Erst wenn der pH-Wert deutlich gesenkt wird (z.B. 6,0), was man natürlich in einem Meerwasserbecken nicht machen kann, steigt der Anteil an Kalziumhydrogenkarbonat deutlich an.


    Allerdings würde man bei der Kalkwasser plus CO2-Methode bei einem pH von 6,0 nur einen Kalziumgehalt von 450 mg/l erzielen, wohingegen bei frischem Kalkwasser mit einem pH von 12,5 der Gehalt bei 814 mg/l liegt (Quelle: Fossa/Nielsen, Band 1, S. 157 ff).


    Würde also zur Neutralisierung von überschüssigem CO2 am Ausgang des Kalkreaktors Kalkwasser in einer weiteren Reaktionskammer zugesetzt werden, so würde der Gehalt an gelöstem Kalzium in diesem Kalkwasser wieder reduziert werden.


    Ich halte eine Kombination von Kalkreaktor und Kalkwasser trotzdem für eine durchaus praktikable und auch sinnvolle Ergänzung, wenn man die Produkte beider Systeme räumlich und ggf. auch zeitlich getrennt in das AQ einbringt.


    Anmerken möchte ich noch, daß ich es für zweifelhaft halte, daß in den ja stark durchströmten Meerwasseraquarien sich überschüssiges CO2 überhaupt nur kurze Zeit in Lösung halten kann. Wenn ich mir die Süßwasseraquaristik mit ihren Problemen, mit bereits geringer Strömung (3-5 facher Beckeninhalt pro Stunde) viel CO2 aus dem Wasser auszutreiben und so den Pflanzenwuchs abzuschwächen, dann frage ich mich, wie bei starker Strömung (10-15 facher Beckeninhalt pro Stunde) und starker Abschäumung sich überhaupt gelöstes CO2 im Meerwasserbecken halten und zu Problemen (Algenwuchs, Kalkausfällung) führen soll.


    Übrigens: Bei der näheren Betrachtung der auch für Kalziumhydrogenkarbonat noch immer nicht so tollen Löslichkeit wird für mich die Ballingmethode immer interessanter!


    Fazit: Ich kann der Überlegung von GLASER (Der Meerwasseraquarianer,2003, Heft 4), Kalkreaktor und Kalkwasser als Neutralisationsstufe direkt in einem Gerät zu verbinden, keinen Vorteil abgewinnen. Getrennt von einander macht die Kombination einen Sinn.


    Gruß,


    Michael



    P.S.: Auf die komplexeren chemischen Reaktionen beim Einleiten von Kalkwasser und dem kalziumhydrogenkarbonathaltigen Wasser aus dem Kalkreaktor in das AQ-Wasser mit organischen und anorganischen Säuren gehe ich aus Gründen des Umfangs einer solchen Abhandlung hier nicht ein.

  • Dazu ergänzend:
    Dietrich Stüber bezeichnet ja in seinem Buch den Kalkreaktor wegen des damit verbundenen Co2-Eintrags ins Becken als "Irrweg", der zur vermehrten Fadenalgenbildung führen würde.


    Ich bin mir aber auch sicher, dass der Co[H]2[/H]-Eintrag viel zu hoch bewertet wird.
    Auch der Zusammenhang mit niedrigen pH-Werten unter 8 erschließt sich mir nicht -
    was theoretisch möglich scheint, hat sich zumindest in der Praxis bei mir nicht eingestellt. Ich habe zeitweise - auch ohne Kalkreaktor - einen derartigen pH-Wert.

  • Hallo,


    auch mein PH Wert ist meist an der unteren Grenze des im Meerwasser AQ üblichen. Wie bei Stefan hat es bei mir absolut keine Auswirkung on der KR läuft oder nicht.


    Ich habe derzeit KR und Balling in Kombination

  • Hallo Carsten,


    Wir betreiben auch einen CO2 Kalkreaktor + Kalkwasserreaktor.
    Bisher haben wir nur gute Erfahrungen gemacht.


    Kalkwasser hat den Vorteil, das Ca ins Becken gabracht, und Phosphat ausgefällt wird.
    Leider wird die Karbonathärte kaum angehoben.


    Der CO2 Kalkreaktor erzeugt genug Karbonathärte, um den Defizit auszugleichen.
    Dazu bringt er zusätzlich Ca ins Becken, welches ein gutes Steinkorallenwachstum unterstützt.
    Die Ausläufe der Reaktoren sind getrennt voneinander angebracht.


    Bei einem Versuch, Kalkwasser wegzulassen, ging der PO4 Wert hoch und der Ca Wert Runter, was beweist, das sich die beiden Metoden bei uns unterstützen, und nicht gegenseitig aufheben.

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