Leitungswasser mit Kohle und Silikatentferner gereinigt, dann verwendet

  • Hallo,


    ich habe mal eine etwas provokante Frage. Ich habe vor einem viertel Jahr mal unser Leitungswasser auf alle möglichen Werte, welche für die Meerwasseraquaristik relevant sind gemessen. Ich wohne nahe der schwäbischen Alb und unser Wasser ist relativ hart. Phosphat- und Nitratwerte sind noch im Rahmen. Eigentlich könnte man doch Leitungswasser für den Wasserwechsel verwenden, wenn man eh das Silikat und Phosphat durch chemische Filter im Sumpf entfernt? Ich habe jetzt auch ein viertel Jahr mal unser Leitungswasser anstatt Osmosewasser für den monatlichen Wasserwechsel verwendet. Die Werte haben sich insgesamt sogar verbessert. Vor allem sind Wasserhärte und PH stabil.


    Was meint ihr?


    Ich muss dazu sagen, dass ich mittlerweile den Schwerpunkt auf LPS, Gorgonien, Anemonen und Fische gelegt habe und diese Tiere auch eher höhere Nährstoffwerte tolerieren.



    LG

  • Moin...
    Ich hätte hier kuschelweiches Leitungswasser, fast kein Nitrat (2mg/l) und Phosphat (mit dem Gilbers-Test nicht nachweisbar). Ich hatte mich nach dem Betonwasser meines letzten Wohnortes gefreut.
    Doch meine Garnelen begannen aus den Latschen zu kippen, Kupfer und zwar nicht wenig, das wird munter vom weichen (sauren) Wasser aus der Wasserleitung gelutscht. Ich würde mal eine komplette Wasseranalyse machen lassen, so wie das Wasser aus der Leitung kommt, könnte sonst noch Überraschungen geben.

  • Bitte bedenke auch, dass die Qualität des Wassers im Laufe der Zeit durchaus schwanken kann, ohne dass die Wasserwerke dies bekannt geben. Das allein wäre für mich schon ein ausreichender Grund, die Osmose zu betreiben.


    Das Wasser mit Osmose und Harz zu filtern ist deutlich günstiger und effektiver als im Becken zu versuchen, das Nitrat und Phosphat/Silikat mit teuren Adsorbern noch herauszuholen.

  • Eine "komplette" Wasseranalyse ist leider nicht komplett. Es werden nur einige Aussagen über die anorganischen Bestandteile getroffen (z.B. Metalle).
    Was ist mit der Organik? Um eine Spurenanalysen im organischen Bereich (Pestizide, Medikamentrückstände, PFT...) zu bekommen, muss der Aufwand sehr hoch angesetzt werden. Auch die Wasserwerkberichte helfen nicht sehr viel weiter. Das sind zumeist extrem gemittelte Werte. Die Grenzwerte sagen leider auch nicht viel aus, weil diese auf Menschen mit 75 kg, männlich und topgesund zugeschnitten sind. Aquatische Organismen reagieren viel empfindlicher - deswegen werden sie (Fische, Daphnien) auch in Wasserwerken für akute Giftigkeittests verwendet.
    Es hört sich auf den ersten Blick ein wenig dämlich an, erst alles aus dem Wasser herauszuholen (RO plus Mischbettharz) und dann die gewollten Substanzen (Härte und andere Mineralien, Spurenelemente) teuer wieder dazuzugeben. Es kann mit Leitungswasser gut gehen - muss aber nicht. Und wie Sandy schon erwähnt hat, wechselt die Wasserqualität, ohne dass man es mitbekommt. Nur zur Verdeutlichung: die Wasserwerke dürfen ca. 2000 Stoffe dem Trinkwasser legal hinzufügen - ein recht lange Liste. Und nun weist man immer mehr Mikroplastik im Trinkwasser nach. Folgen für die Meerwassertiere in den gemessenen Konzentrationen: ??? - Definitiv kann eine RO auch Mikroplastik herausholen.


    LG Burkhard

  • moin,


    wir haben bis zum letzten jahr ungefiltertes leitungswasser hier in witten genutzt und sind aufgrund vor cyanowachstum in einigen becken wieder auf osmose mit harz umgestiegen.


    cyanos sind weg, allerdings wurden auch arbeiten wie das teilaustauschen des sandes vorgenommen und der ab arbeitet nun mit co2-filter.

  • Ich habe jetzt auch ein viertel Jahr mal unser Leitungswasser anstatt Osmosewasser für den monatlichen Wasserwechsel verwendet. Die Werte haben sich insgesamt sogar verbessert. Vor allem sind Wasserhärte und PH stabil.


    das sind auch meist die einzigen positiven Auffälligkeiten, die für die Verwendung von Leitungswasser sprechen. Trotzdem sind mir einige Fälle aus dem Süsswasserbereich bekannt, wo nach Reinigungsintervallen der Wasserwerke zahlreiche Fische das Zeitliche gesegnet haben. Manche Versorger geben die Termine bekannt, manche nicht.
    Weitaus grösser ist die Gefahr der organischen Belastung, wie von Burkhard beschrieben. Allgemein herrscht der Glaube, das unser Wasser absolut sauber und keimfrei ist. Wer das glaubt, sollte einmal mit Mitarbeitern einer Kläranlage reden. Im Punkt der Pestizide, Insektizide, Antibiotika etc. wird das die Augen öffnen.


    Wer´s nicht glaubt, dem hilft der Link!


    www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=40244



    Gruß


    Hajo

    Trenne dich nicht von deinen Illusionen!
    Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren,
    aber aufhören zu leben.
    (Mark Twain)


    Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr!

  • Hallo,
    bliebe die Frage, ob unsere China- Membranen das überhaupt in diesen Konzentrationen zurückhalten können.
    Das bezweifle ich sehr stark.
    Und bitte nicht mit dem Preis argumentieren, woher z.B. Sediment Filter oder Membranen sind, wird leider nicht angegeben.
    So bleibt nur die Hoffnung das unsere Umkehr diese Stoffe wirklich ins Abwasser leitetet.
    Unsere Nachweismöglichkeiten sind bei solchen Konzentrationen hoffnungslos überfordert.
    Also, ob das Wasser einer UO wirklich frei von Pestiziden oder Medikamenten Rückständen ist, können wir gar nicht nachweisen.
    Du hoffst das vielleicht.


    Zudem, das wird auch bereits in unseren Meeren angelangt sein, dort werden die Fische ähnlichen Konzentrationen, im Fall Mikroplastik sogar größeren Konzentrationen ausgesetzt.


    Sollten Fische, und hier bitte keinen Einzelfall, wirklich am Leitungswassererkranken so würde ich das im Fernsehen bringen, eine Anteilnahme auf allen Kanälen ist Gewiss.
    "Fischsterben durch Leitungswasser", "Mitarbeiter gibt katastrophale Umstände zu", "Deutschland vergiftet", ich sehe schon die Schlagzeilen.
    PS: Auch die meisten Mineralwässer werden mit "normalem" Trinkwasser zumindest versetzt (Aus Kostengründen)


    Und selbst wenn es Keime bis ins Meerwasser-Aquarium schaffen, dort werden diese auf keinen Fall irgendeinen Schaden anrichten, alleine der osmotische Zell-Druck spricht gegen ein überleben von Keimen.

  • So viel ich weiß, werden alle Membranen (die in der Aquaristik üblichen Wickelmodule) in China bzw. Korea hergestellt. Selbst die US-Membranen werden normalerweise in Asien produziert. Es mag Ausnahmen geben. Produkte aus China ist so ein Sache: von hervorragend bis absoluter Schrott - alles ist möglich! Ein iPhone wird nun auch nicht gerade als Billigramsch verkauft.


    Zu einer RO-Anlage gehört aber mehr. Wichtiger Punkt sind die verwendeten Fittings. Die einfachen China-Fittings können sehr leicht mal ihren Geist aufgeben - Wasserplanscherei ist vorprogrammiert. Wenn dann versucht wird, die amerikanischen 1/4"-Schläuche (6,4 mm) mit dem metrischen System zu kombinieren, ist Chaos mehr als wahrscheinlich. Die Elektronik ist - was die Messungen angeht - Schrott, s.o.. Die 1:1-Anlagen sind oft genug "suboptimal" konzipiert. Von Beratung und Aftersaleservice spreche ich erst gar nicht.


    Zur Rückhaltung von organischen Stoffen:
    Die Nachweise der Rückhaltung organischer Stoffe können von uns Aquarianern nur indirekt geführt werden. Ist die allgemeine Rückhalterate (z.B. über Leitfähigkeit) o.k., dann werden auch die meisten organischen relevanten Stoffe zurückgehalten. Pestizide, Hormone, Medikamente u.a. werden i.A. sehr gut zurückgehalten; das sind zumeist große und "wasserunähnliche" Verbindungen und sind deswegen kein Problem für RO-Membranen. Es gibt natürlich auch organische Stoffe, die schlecht zurückgehalten werden, z.B. Alkohol - diese sind aber für uns Aquarianer zumeist nicht relevant.


    Keime aus Kläranlagen (oder aus der direkten Einleitung) sind z.B. am Great Barrier Reef (AUS) und in der Karibik ein riesiges Problem. In Kombination mit den organischen Verunreinigungen werden einige Krankheiten bei Korallen und Cyanoplagen ausgelöst. Viele Bakterien haben mit dem erhöhten osmotischen Druck keinerlei Probleme und gedeihen prächtig im Meerwasser. Wir kultivieren hier z.B. ein Cyanobakterium, dass locker bei 170 mS/cm Salzgehalt (Meerwasser hat ca. 52 µS/cm) prächtig gedeiht - wahrscheinlich kann es noch mehr vertragen aber unser Messgerät kommt da nicht mehr mit.


    In den 70er oder 80er Jahren war hier im Ruhrgebiet ein "klein wenig" Atrazin (Herbizid) im Trinkwasser. Aquarianer - zumeist Süßwasseraquarianer - die in dieser Zeit einen Wasserwechsel gemacht haben, konnten sich von ihrem gesamten Fischbestand verabschieden. Schlagzeilen? KEINE. Die Konzentrationen waren "unter der für den Menschen gefährlichen Grenze". Die Problematik existiert tatsächlich. Und das "best überwachte Lebensmittel" ist leider kein Qualitätsmerkmal. Eine Schrottlaube kann auch vom "TüV überprüft" sein.


    LG Burkhard

  • Hallo zusammen,


    Fakt ist, dass u. a. beim Klaervorgang eine sichere Filtration aller Medikamentenrueckstaende etc. noch relativ ungeklaert ist. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Nadeloehr scheinen die hohen Kosten zu sein.
    Bei der Beurteilung von Leitungswasser sollten wir bedenken, dass die Normen fuer den homo sapiens erstellt wurden. Ueber die Bedenklichkeit fuer tierische Organismen wird wenig Auskunft gegeben. Warum auch? Es geht bei der Bewertung von Wasser in erster Linie um Vertraeglichkeitsgrenzen beim Menschen. Kritische Werte fuer Kleinstlebewesen sind nicht Bestandteil von allgemeinen, zugaenglichen Veroeffentlichungen. Sie kommen nur ans Tageslicht, wenn gezielt nach ihnen gesucht wird. Egal, wie man die Osmoseanlagen bewertet, oder fuer manche Stoffe sogar infrage stellt, das Tor zugunsten von Leitungswasser wuerde ich nicht oeffnen wollen.
    In Bezug auf Trinkwasser insgesamt, ist man wohl geteilter Meinung. Die einen schwoeren auf den Wasserhahn, die anderen auf "ihr" Mineralwaesserchen.
    Wie der Zufall es will, steht heute ein Bericht ueber Mineralwasser in der Tageszeitung. Fazit: Bewertungen von "Gut" bis "Ausreichend". Im letzteren Fall fanden die Tester leicht erhoehte Gehalte an Arsen, Nickel und Uran. Die Stoffe koennen sich aus Gesteinsschichten loesen, durch die das Wasser in die jeweilige Quelle sickert.
    Parallelen zum Leitungswasser waeren denkbar.
    Gruss
    Hajo

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