Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass ich ein SEHR grenzwertiges Verfahren angewendet habe, das ggfs. bei Nachahmung zum Totalverlust des Lebens in Euren Becken führen kann.
Erstes vereinzeltes Auftreten von Bryopsis, vermutlich mit einem Korallen-Trägerstein eingeschleppt, war Ende 2013. Ausführliche Recherchen im Netz liefern leider keine nachvollziehbare strukturiert beschriebene Bekämpfungsmethode. Nach allem was ich heute dazu weiß, ist das nachfolgende Dokument die bisher beste Zusammenfassung: http://mathgame.de/Aqua/FAQ_Plagegeister-AlgenBakterien.pdf
Dementsprechend, hatte ich als erstes Blumenkohl-Sackzungenschnecken (Elysia crispata) eingesetzt, die aber das rasante Ausbreiten von Bryopsis nicht verhindern konnten. Mitte 2014 waren ca. 50% der Dekoration überdeckt. Bevorzugte Bereiche konnte ich nicht beobachten, d.h. sofern Licht und Strömung in unterschiedlicher Stärke vorhanden waren, hatte sich die Alge angesiedelt. An unzugänglichen, tiefliegenden Riffbereichen hatten sich zudem sehr große Kolonien gebildet.
Ende September begann dann die Behandlung mit „Kent Marine Tech Magnesium Additiv“ (nachfolgend Kent genannt). Am Anfang nach „Vorschrift“, d.h. mit einer Dosierung von 400mL/Tag auf Netto 600Liter, so dass der Mg-Wert schnell (5 Tage) von 1.400 auf > 1.600ppm (01. Oktober) anstieg. Dann bis 27. Dezember nahezu konstante Dosierung von 150mL wobei sich Mg in dieser Zeit (12 Wochen) auf 2.300ppm erhöhte. Ich konnte beobachten, dass die Alge deutlich langsamer wuchs, d.h. der untere Teil der „Fächer“ verkümmerte permanent zu einem „Stiel“, aus dem jedoch immer wieder, über die gesamte Zeit, neue Triebe (Fächer) herauswuchsen. In der Fläche war keine Ausdehnung zu beobachten und wo ich sie mechanisch entfernte, wuchsen keinen neuen Ableger mehr nach. Mein Eindruck war, dass sich die Alge an die sich langsam veränderte Situation gut anpassen konnte.
Die Nebenwirkungen von Kent waren in meinem Becken beachtlich. Ab 1.700ppm sind, bis auf die o.g. Sackzungenschnecken, alle Schnecken (Tectus, Fluctuosus, Nerita chamaeleon, Engina mendicaria, Astralium calcar), einige Krabben (mit Lebendgestein eingebracht), 80% der Kalkrotalgen und alle Knallkrebse gestorben. Der Nitrit-Wert (NO2) stieg, wahrscheinlich aufgrund der vielen toten Tiere, zwischenzeitlich gefährlich hoch auf 0,1ppm an. Mit dem Absterben der Schnecken gab es starken „allgemeinen Allgenwuchs“ und später Cyanos. Die Korallen und Fische sahen halbwegs „normal“ aus, lediglich die Krustenanemonen hatten sich „ungesund“ verändert. Ergänzend dazu stieg der Ca-Gehalt, da der Stoffwechsel der Steinkorallen rapide abnahm und der Salzgehalt ging auch schnell nach oben (Korrektur mit Osmose-Wasser und Reduzierung der KH- / Ca-Zugabe).
Nach acht 1,9-Liter-Flaschen (Preis!) und sich permanent verschlechternder Becken-Biologie stand ich vor der Entscheidung zum Jahreswechsel komplett aufzugeben oder einen Neustart durchzuführen. Vor diesem Hintergrund hatte ich als letzten Schritt eine radikale Überdosierung vorgenommen. Grund hierfür war, dass beim Übergießen von Bryopsis, diese sofort und vollständig absterben.
Ab 28. Dezember habe ich daher die Dosierung von Kent auf täglich 400ml/Tag erhöht. Zudem erfolgte die Zugabe diesmal nicht über die Dosieranlage, sondern die gesamten Menge wurde komplett eingebracht (vorher Flasche kräftig schütteln). In der Behandlungszeit, d.h. 28.12. bis 18.01. (3 Wochen) erhöhte sich der Mg-Wert von den o.g. 2.300ppm auf 3.000ppm (doppelt gemessen mit Salifert und Red Sea; bei Red Sea ½ Osmose + ½ Testwasser). Nach zwei Wochen Behandlung waren die Bryopsis-Algen zu einem undefinierten „Filzhaufen“ reduziert (ohne neue Triebe) und eine Woche danach komplett verschwunden. Die (zusätzlichen) Nebenwirkungen waren SEHR kritisch: Einer von zwei grabenden Seesternen verstarb, eine von zwei Kardinalsgarnelen ebenso, alle Strombus-Schnecken sind eingegangen, Kalkrotalgenreduktion auf 10%, partielles Absterben von Krustenanemonen, tote Borstenwürmer und bei allen Steinkorallen (Acropora, Montipora etc.) gab es partielle Ausbleichungen.
Am 18.01., nach weiteren 4 Knet-Flaschen (in Summe 12), wurde die Zugabe eingestellt, dann der erste Wasserwechsel (150Liter) und eine Woche später der Zweiten (200Liter). Die Cyanos habe ich anschließend mit „Cynaocontrol“ von Qium und starker Abschäumung erfolgreich um 90% reduziert. Jetzt, zwei Wochen später, hat sich das Becken einigermaßen gut erholt; Mg ist allerdings noch auf 1.700ppm (Turboschnecken überleben das nicht) und ich konnte bisher keine Bryopsis mehr finden.