Stickstofflimitierung trotz Bacto Balance ?

  • Hallo Hans-Werner,


    ich benutze Bacto Balance seit ca. 9 Monaten. Die Polypenextraktion, insbesondere SPS, ist phänomenal. Meine Höchstdosierung liegt bei 3 ml bei 600 Liter Nettowassermenge.
    Mein Po4-Wert liegt gerade bei 0,08 und No3 ist nicht nachweisbar (beides mit Referenz von Gilbers überprüft).


    In letzter Zeit haben sich leider 2 Acanthastrea und 2 Blastomuss wellsi aufgelöst. Deshalb habe ich vorgestern Nitrat gemessen, mit dem Ergebnis von n.n.
    Daraufhin habe ich 2 ml "Stickstoff +" von Mrutzek in Wasser gegeben und kurz darauf haben sich die verbleibenden Acans richtig aufgebläht und standen
    wieder so gut da, wie zu der Zeit als Nitrat noch nachweisbar war.


    Frage: Kann es sein, dass die "neue" Dosierempfehlung nicht ausreicht, um Nitrat auf dem notwendigen Mindestlevel zu halten ? Was würdest Du mir empfehlen ?
    Bacto Balance-Dosierung erhöhen oder Stickstoff separat zudosieren ?


    Mein Becken besteht hauptsächlich aus Steinkorallen ist steht seit etwas mehr als einem Jahr ...
    Hier ein Link: Mein erstes MW-Becken 550 Liter


    Ich mache Balling, benutze A- und K-Elements (6 und 3 ml) sowie zusätzlich 8 ml eine weitere Kohlenstoffquelle von Korallenwelt (Polyalkohol), da sich
    mit der Dosierung von 3ml Bacto Balance der Po4-Wert nicht senken ließ bzw. weiter anstieg (verstärkte Fütterung) und eine höhere Dosierung von Bacto Balance möglicherweise Probleme hätte
    bereiten können (s. andere Berichte).



    Danke und beste Grüße


    Naif

  • Naif, da wir auch mit erwähnt werden:


    Nicht "trotz" Bacto Balance sondern WEGEN, denn eine Bakteriennahrung bringt ja nicht nur Phosphat sondern auch Nitrat in´s Minimum und zwar genau im natürlichen Verhältnis.
    Das Einfachste wäre, beide Präparate kurz abzusetzen oder zu reduzieren und auf Phosphatadsober umzusteigen.


    Nitratdosierung ginge natürlich auch und ist relativ ungefährlich.

    KORALLENWELT - gegr. 1993 - Torsten Luther - Inhaber
    Tätigkeitsschwerpunkte: Aquariendekorationen, Abyzz Pumpen, Propellerpumpen, Großanlagen, Planungen

  • Hallo Torsten,


    iich gebe Dir nur bedingt Recht. Ich hatte "trotz" geschrieben, weil - wenn ich mich recht erinnere - Bacto Blance nicht nur eine Kohlenstoffquelle beinhaltet, sondern auch eine Stickstoff- und eine Phosphorquelle ...


    Das mit dem Phosphatadsorber hatte ich mir auch schon überlegt. Aber Stickstoffdosierung war mich für mich die "ungefährlichere" bzw. leichter zu dosierende Alternative. Mit den Adsorber hätte ich längere Zeit rumprobieren müssen ...


    Trotzdem danke


    Gruß


    Naif

  • Hallo Naif,


    da schließe ich mich Torsten an, entweder etwas Nitrat dosieren oder Phosphatadsorber.
    Von unseren Aquarien her kenne ich eigentlich keine Probleme bei nicht nachweisbarem Nitrat, allerdings ist auch unser Phosphat immer bei 0,01 mg/l. Wir fahren unsere Anlagen schon seit einigen Jahren mit nicht nachweisbarem Nitrat, vielleicht sogar schon die ganzen 12 Jahre. Bei uns ist dennoch eher Phosphat limitierend und die Korallen reagieren eher auf Phosphatanstiege positiv. Da Du eher mit hohen Phosphatkonzentrationen zu kämpfen hast, ist die Situation bei Dir natürlich eine andere.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Hallo Hans-Werner,


    mal ein Frage zum Verständis:


    Wenn Naif jetzt Nitrat dosiert, was wird Deiner Meinung nach passieren ?
    Die Stickstofflimitierung wird aufgehoben. Wird dadurch dann auch wieder mehr PO4 verbraucht ? Oder wird der PO4-Wert davon unbeeinflusst bleiben ?


    Danke und viele Grüße


    Rike

  • Hallo Rike,


    wenn ein Limitierung aufgehoben wird, dann wird mehr von den anderen Nährstoffen verbraucht, bis ein anderer Nährstoff oder Licht ins Minimum gerät oder das maximale physiologisch mögliche Wachstum erreicht wird. Ersteres geht schon aus dem Liebigschen Minimumgesetz hervor, wonach der knappste Nährstoff das Wachstum limitiert. Wird der Mangel beseitigt, erhöht sich das Wachstum unter verstärktem Verbrauch aller Nährstoffe.


    Ich kenne das von der Spurenelemente-Dosierung von den Korallen her oder von der Anreicherung von Fischfutter mit Fischölen her. Im ersten Fall werden verstärkt Stickstoff und Phosphat verbraucht und werden zu limitierenden Faktoren, im zweiten Fall verbrennen die Fische vermehrt Fette (Kohlenstoff als limitierender Faktor) und scheiden weniger Ammonium und Phosphat aus da weniger Proteine und Phosphate zugeführt bzw. diese vermehrt in Wachstum umgesetzt werden.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Hallo Hans-Werner,


    in einem der der BACTO-BALANCE-Threads hast du mal sinngemäß geschrieben (wegen meiner Nachfrage zum nicht nachweisbaren Nitrat), dass all mal Nitrat und Stickstoff vergessen sollen. Außerdem hast du davon abgeraten irgendwelche Mittel zu dosieren, die NP-BACTO-BALANCE beeinflussen, da sich das N-P-Gleichgewicht sonst nicht einstellen kann.


    Warum rätst du jetzt Naif dazu, Nitrat zu dosieren?


    Was würde denn in Naif´s Nährstoffsituation passieren, wenn er mehr NP-BACTO-BALANCE dosiert und was passiert in der umgekehrten Nährstoffsituation.



    Grüße Andreas

  • Hi,


    ich denke mal das funktioniert nur in gewissen Grenzen ausschließlich mit BB, also meine Theorie:


    Wenn es zu sehr in eine Richtung kippt wird BB allein das kaum auffangen
    können, da NO3 irgendwann weg ist und damit kein PO4 mehr gebunden
    werden kann.


    Jedes Becken ist da ja anders...
    Der eine hat einen trocken eingestellten Abschäuner, das andere feucht, also weniger oder mehr PO4 Austrag dadurch.
    Der eine hat mehr Fische und wenig Korallen, der andere umgekehrt.
    Der eine füttert PO4 haltiger, der andere passt auf.


    Wenn man nun mal sehr viel PO4 hat reicht BB doch nicht. Es stabilisiert sicherlich in gewissen Grenzen, aber irgendwann ist auch vorbei. Man muss schon trotzdem das System beobachten.


    Ich habe nun bei mir trotz BB auch Diakat B dazugenommen, weil ich langsam aber stetig nun auf inzwischen 0,08 gestiegen bin und NO3 ist <1 mg/l. Abschäumer ist schon feucht eingestellt. Hab halt noch wenig Korallen.
    Ich glaube deshalb auch nicht an Pellets + BB, weil BB ist schon recht wirksam, zumindest in einem Riffbecken mit viel Oberfläche. Pellets arbeiten ja auch über Bakterienbiomasse-Umsetzung. Wenn NO3 vorher fehlt um mehr PO4 zu binden fehlt es mit Pellets genauso.


    Viele Grüße,
    André

  • Hallo Andreas,


    vielen Dank für die Nachfrage. Grundsätzlich würde ich weiterhin davon abraten, Nitrat oder eine andere Form von Stickstoff zu dosieren. Es ist auch richtig, dass Nitrat keine besonders wichtige Stickstoffform im Riffaquarium zu sein scheint, zumindest bei unseren nicht. Auch von Phosphatadsorber würde ich unter 0,1 mg/l Phosphat eher abraten.
    Naif hat aber eine Stickstoffdosierung schon ausprobiert und für gut befunden, das war für mich das entscheidende Kriterium. Ich weiß, dass ich vielleicht schon Stickstofflimitierungen hatte aber ohne nachhaltige negative Folgen. Da sind vielleicht für ein paar Wochen die Farben der Korallen weniger leuchtend aber dann kommen sie wieder. Das war für mich auch eines der Kriterien, neben dem Caulerpa-Wachstum, wo ich gesagt habe, da findet verstärkt heterotrophe Stickstofffixierung statt. Dadurch läuft dann das Aquarium umso stabiler weil sich automatisch das richtige Nährstoffverhältnis über Stickstofffixierung/Denitrifikation einstellt.
    Vielleicht ist aber Naifs Aquarium anders und von der Stickstofffixierung her noch nicht so weit, wer weiß? Deshalb ist die Beobachtung und das Gefühl des Aquarianers immer wichtig. Wenn er schon Versuche gemacht hat und zu einem Urteil gekommen ist, kann ich schlecht sagen, ich weiß es aber besser, nur weil ein von mir entwickeltes Produkt einen wichtigen Einfluss auf die Nährstoffe in diesem Aquarium hat. Die Aquarien bleiben offensichtlich dennoch unterschiedlich, was vielleicht an den mikrobiologischen Voraussetzungen, aber vielleicht auch an anderen Maßnahmen, wie z. B. einer weiteren Kohlenstoffquelle, liegen kann.


    Deshalb kann ich auch schwer vorhersagen, was passieren würde, wenn ... Ich bin ja kein Hellseher. Diese Versuche muss der Riffaquarianer selbst vorsichtig vornehmen und dann entscheiden, welche Richtung richtig ist, mehr oder weniger. Wenn die Korallen bei weniger NP-BACTO-BALANCE besser öffnen, ist weniger richtig, wenn sie bei mehr besser öffnen, ist mehr richtig. Die Korallen zeigen es eigentlich immer recht bald an und wenn sie weniger öffnen, deutet das auf Stress hin, wenn sie besser öffnen, fühlen sie sich wohler.


    Ich halte eigentlich nichts davon, immer noch etwas draufzupacken und für eine Maßnahme dann wieder eine Gegenmaßnahme zu ergreifen. Das Aquarium sollte nach einiger Zeit stabil mit wenigen Maßnahmen und Produkten laufen, aber dieses Gleichgewicht braucht die Beobachtung des Riffaquarianers. Naif könnte auch probieren, weniger NP-BACTO-BALANCE zu dosieren oder die zweite Kohlenstoffquelle niedriger zu dosieren, um zu schauen, ob sich der allgemeine Zustand der Korallen dadurch noch verbessert. Das wäre einfacher, als noch ein Produkt zu dosieren.


    Gruß


    Hans-Werner

  • Hallo Hans-Werner,


    ich danke dir für die Aufklärung, habe aber gleich noch zwei Fragen zur Stickstofffixierung.


    Ist die N-Fixierung ein besonders wichtiger Teil im Stickstoffkreislauf, der den Kreislauf mit der Ammonifikation, De/-Nitrifikation usw. schließt, oder ist es "nur" die Verarbeitung des elementaren N zu Ammonium?


    Bedeutet das Wachstum der Caulerpa bei diesen niedrigen N-P-Werten, dass die Alge mit N-Fixierern in Symbiose lebt?



    Grüße Andreas

  • Hallo Andreas,


    der Nachweis der Stickstoff-Fixierung ist nicht so ganz einfach. Es gibt meines Wissens vor allem zwei Methoden, die eine ist die Acetylen-Reduktion, mit der man eine Abschätzung der Stickstofffixierung einer Lebensgemeinschaft, z. B. eines Teiles eines Korallenriffes vornimmt und die andere ist der Nachweis von nif-(nitrogen-fixation-)Genen. Beide sind, wenn ich da auf dem Stand der Zeit bin, nicht so sehr exakt und es werden größere oder kleinere Lebensgemeinschaften erfasst. Man kann beispielsweise auf einer Koralle nif-Gene nachweisen aber man kann nicht die einzelnen Bakterien indentifizieren, die mit dem Genmarker markiert sind, da diese meist nicht kultivierbar sind. Wie gesagt, nicht drauf festnageln, aber das ist, was ich gerade so im Hinterkopf habe. Ich kann das also natürlich nicht selbst nachweisen, dass und wo in unseren Aquarien Stickstoff fixiert wird.


    Die Stickstofffixierung dürfte das Schlüsselelement des globalen Stickstoffkreislaufes überhaupt sein. Mir ist gerade kein anderer wichtiger Vorgang gegenwärtig, der überhaupt nennenswert Stickstoff in die Biosphäre einbringt, außer natürlich moderne technische Verfahren wie das Haber-Bosch-Verfahren. Durch Gewitterblitze entstehen noch Stickoxide, das sind aber eher exotische Stickstoffquellen.


    Caulerpa-Arten sind angeblich in der Lage, die Stickstofffixierung im Sediment zu fördern (Symbiose?). Das läuft im Prinzip bei Leguminosen, Korallen, Algen und anderswo immer gleich ab: Heterotrophe Bakterien verwenden ausgeschiedene Photosynthese-Produkte und die damit gewonnene Energie um unter Stickstoff-Mangel N2 zu fixieren. Bei Korallen sind es vor allem die Vibrio-Arten unter den kultivierbaren Bakterien, die N2 fixieren. Vibrio-Arten sind im Meerwasser aber praktisch allgegenwärtig. Dort wo energiereiche Kohlenstoffverbindungen ausreichend zur Verfügung stehen, kann unter Stickstoffmangel (und anaeroben oder mikro-anaeroben Bedingungen?) Stickstoff fixiert werden.


    Gruß


    Hans-Werner

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!